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Kultur: Zauberhaft

Musica Nuda im Foyer des Nikolaisaals

Stand:

Ein einzelnes „t“ steigt hoch in den Raum und bleibt dort einen Moment hängen, bevor es leise ins Publikum des Nikolaisaalfoyer sinkt und dort verschwindet. Es hat sich aus Sting’s Song „Roxanne“ gestohlen, dem das italienische Voice’n’Bass-Duo Musica Nuda, Gast in der Reihe „The Voice in Concert“, gerade eine völlig andere Note verleiht, indem es die Musik ganz neu interpretiert und dem Lied, auf das Wesentlichste reduziert, ein Jazzgewand verpasst. „Roxanne, you don’t have to put on the red light“, singt Petra Magoni und betont den letzten Buchstaben so deutlich, das er förmlich im Raum zurückbleibt.

Eine Spezialität der beiden Musiker, deren Bandname „nackte Musik“ bedeutet und die nur mit Hilfe von Stimme und Kontrabass Pop, Rock- und Filmmusiktitel auseinandernehmen und in völlig anderer Gestalt wieder zu einem Ganzen zusammen fügen. Heraus kommt so ein provokativ-naives „Somewhere over the Rainbow“, von Sängerin Petra Magoni mit puppenhaft-starrem Gesicht dargeboten. Oder ein heiteres, leichtes „Raindrops are falling on my Head“, in dem sie das Volumen ihrer Stimme von zart über soulig zu kraftvoll und klar springen lässt. Und was ist mit „TheWall“ von Pink Floyd?

Hier wird der Kontrabass ganz unkonventionell zum Rockinstrument und das Publikum zum Souffleur für den Refrain. Wie soll man dieser Frau da vorn auf der Bühne auch widerstehen, die zum schwarzen Rüschenrock schwere Stiefel trägt und über allem dieses zarte Mädchengesicht präsentiert. Die die Musik durch ihren Körper laufen lässt, bevor sie sie in Töne fasst, die mal kraftvoll, mal schrill und mal ungeheuer sanft ihren Weg nach draußen suchen und jeden in ihren Bann ziehen. Und wie sie mit dem Kontrabass flirtet, wie sie mit ihm spricht, ihn herausfordert, ihm antwortet. Man kommt kaum heraus aus dem Lächeln, Staunen und Beklatschen von so viel Energie und expressivem Ausbruch. Und ist froh über Ferruccio Spinetti, der in haarsträubend schlechtem Englisch das Publikum zum Lachen bringt oder gelassen und gekonnt den Gegenpol zu soviel Kraft bietet und seinen Kontrabass liebevoll zupft, klopft oder streicht. Hier befinden sich zwei Musiker auf Augenhöhe, bleiben während des gesamten Konzertes in pausenlosem Dialog und gewähren sich den nötigen Raum zur eigenen Entfaltung.

Nach der Pause fragt Susanne Papawassiliu, Moderatorin des Abends, nach dem Beginn des gemeinsamen Projektes. Die beiden hatten bereits während einer Jamsession etwas herumprobiert und waren erstaunt über das faszinierende Zusammenspiel von Stimme und Kontrabass. Als dann wenig später der Gitarrist von Petra kurzfristig erkrankte, aber ein Konzerttermin eingehalten werden musste, fragte sie kurzerhand bei Ferruccio an. Und produziert mit ihm nun bereits das vierte Album, auf dem die beiden traditionelle italienische Standards interpretieren werden. Eine kleine Kostprobe noch nie live gespielter Songs hatten sie an diesem Abend bereits im Gepäck und machten das Potsdamer Publikum kurzerhand zum Testhörer. Und dieser Test darf eindeutig als bestanden gelten! Andrea Schneider

Andrea Schneider

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