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Kultur: Zum 250. Mal

Der „nachtboulevard“ feiert sein Jubiläum

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Mögen die Veranstaltungen in der Reithalle, die unter dem Titel „nachtboulevard“ laufen und der Schiffbauergasse auch unter der Woche Leben in die oftmals zu ruhig dahindümpelnden Gebäude bringen, auch noch so schön sein: Über den Status eines Geheimtipps hinaus haben sie es nie so richtig gebracht. Das kann man zum einen schade finden, zum anderen kann man sich aber auch daran erfreuen, dass man diese feinen Abende nicht mit allzu vielen teilen muss. Gerade für Winterabende, die in bedrückender Dunkelheit dahindämmern, sind die mit der Sicherheit eines geübten Sommeliers von Helge Hübner und seinem Team ausgesuchten kulturellen Leckerbissen wie geschaffen.

Auf mittlerweile 250 Vorstellungen hat es der „nachtboulevard“ immerhin gebracht. Am heutigen Mittwoch soll dieses Jubiläum gefeiert werden – mit der ureigenen Gemütlichkeit, locker um kleine Tische gruppiert, den Blick auf die Bühne gebannt. Eingeladen wurde das Berliner Label Morr Music, das mit feinen Veröffentlichungen aufwarten kann – und selbst einen Grund zu feiern hat: 15 Jahre wird das Label, und den Teenager-Geburtstag kann man hervorragend in der Reithalle feiern: Der „nachtboulevard“ stellt die Räumlichkeiten, das Label bringt die Bands und DJs mit. Und wie es sich für eine gute Geburtstagsparty gehört, ist jeder willkommen.

Aus einer der Geburtstagstorten wird der Wahlberliner Franzose Slow Steve springen, der mit selbsternanntem Mantra-Pop, seinen sexy Beats und französischem Akzent höchstwahrscheinlich als der Scherzbold der Party gehandelt wird. Ein bisschen schräger Synthiepop, der sich im Klangnebel nicht ganz so ernst nehmen will.

Hand aufs Herz: Schon mal etwas von „New Weird Bavaria“-Style gehört? Den haben Aloa Input bereits auf dem diesjährigen „Localize“-Fest präsentiert. Ziemlich vertrackte Grooves und Sounds, die auf experimentellen Pop treffen. Schwer zu sagen, was einen diesmal erwartet, mit Sicherheit wird der Überraschungseffekt der elektronischen Beach Boys die Geheimwaffe werden. Denn hätten die Strandjungen von damals schon Synthesizer gehabt, wäre garantiert der gleiche psychedelische Sound entstanden. Aloa Input träumen jedoch lieber von den vergangenen Zeiten, weshalb so einlullende und schwermütige Songs wachsen, die sich am besten mit geschlossenen Augen hören lassen. Nur zu! Einschläfernd sind die verrückten Songs, die mit butterweicher Stimme gesungen werden, nämlich nicht, eher ein bisschen zappaesk: Auch wenn einzelne Töne nicht zueinander passen, so passen sie doch übereinander und lassen so ganz zarte Strukturen entstehen.

Was befindet sich noch unter dem Geschenkpapier von Morr Music? Richtig, die Deutsch-Amerikaner-Franzosen-Briten von Fenster, die schon auf dem Fusion-Festival für Furore gesorgt haben. Klar, dass so eine kosmopolitische Kapelle in Berlin entstanden sein muss. Auch Fenster sind fleißig am Herumexperimentieren, auf der Basis von Pop und ausdrucksstarkem Gesang, der alles und jeden um den Finger wickelt – irgendwo zwischen folkig und psychedelisch. Wer nach dem Dreierpack immer noch hungrig auf Musik ist, kann sich noch die ganze Nacht vom Morr-Music-DJ-Team einlullen lassen. Mit Sicherheit der beste Mittwoch des Jahres. Oliver Dietrich

Morr Music Christmas Special zum 250. „nachtboulevard“ am heutigen Mittwoch ab 20 Uhr in der Reithalle, Schiffbauergasse. Der Eintritt kostet 12 Euro.

Oliver Dietrich

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