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Kultur: Zum Dank die Kürzung
Fast alle Konzerte waren ausverkauft, nun sollen die Musikfestspiele mit weniger Geld auskommen
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Es ist eindeutig Galgenhumor, mit dem die Mitarbeiter der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci auf die neuesten Hiobsbotschaften seitens der Politik reagieren. Erst am Sonntag haben sie nach über zwei Wochen das Programm zum 60. Jubiläum erfolgreich zum Abschluss gebracht. Insgesamt kamen 13266 Besucher zu den 99 Veranstaltungen an 26 historischen Spielorten wie dem Marmorpalais, der Orangerie Sanssouci, den Neuen Kammern Sanssouci und dem Palmensaal im Neuen Garten. Fast alle Konzerte waren ausverkauft, was einer Auslastung von 96 Prozent entspricht. Ein Traumergebnis, wie man es von den Musikfestspielen in den vergangenen Jahren nicht anders kennt. Das diesjährige Motto lautete „Mittelmeer. Zwischen Traum und Wirklichkeit“. Ihre traditionelle interne Abschlussfeier haben die Mitarbeiter unter das Motto gestellt: „Wir sitzen nun am Mittelmeer und haben keine Mittel mehr.“ Denn im kommenden Jahr soll die Musikfestspiele Sanssouci und Nikolaisaal Potsdam gGmbH mit 123 290 Euro weniger Förderung auskommen.
Diese Einsparung sieht der Vertragsentwurf des gemeinsamen Theater- und Konzertverbundes der Städte Brandenburg an der Havel, Frankfurt (Oder) und Potsdam vor. Andrea Palent, Geschäftsführerin und Künstlerische Leiterin der Musikfestspiele Sanssouci und Nikolaisaal Potsdam gGmbH ist derartigen Kummer gewohnt. Obwohl sie mit dem Nikolaisaal und den Musikfestspielen in den vergangenen Jahren eine Erfolgsgeschichte in Serie geschrieben hat, musste sie immer wieder um die nötige Unterstützung kämpfen. So hatte sie nach langwierigen Verhandlungen für die Jahre 2013 und 2014 jeweils knapp 1,94 Millionen Euro erhalten. 445 600 Euro davon werden pro Jahr für die Musikfestspiele genutzt. „Als ich von den geplanten Kürzungen erfuhr, habe ich der Stadt angeboten, uns auf die knapp 1,94 Millionen Förderung für die kommenden Jahre einzufrieren“, sagte Andrea Palent den PNN auf Nachfrage. Mit dieser festgelegten Summe müssten dann auch noch rund 80 000 Euro für den Tarifausgleich gestemmt werden. „Doch auf mein Angebot habe ich bisher noch keine Antwort erhalten“, so Andrea Palent.
Wer die Musikfestspiele und das Konzertprogramm im Nikolaisaal kennt, kann über die geplanten Kürzungen nur den Kopf schütteln. Vor allem vor dem Hintergrund, dass diese Posse seit Jahren in der Form immer wieder aufgeführt wird. Trotzdem lassen sich Andrea Palent und ihr Team nicht entmutigen. Im Gegenteil, hier ruht sich niemand auf Formaten aus, die zu regelrechten Selbstläufern geworden sind, sondern wird immer wieder Neues probiert. So hat der Nikolaisaal in der zurückliegenden Saison mit dem „Ohrphon“ eine Angebot eingebracht, bei dem der Zuhörer durch einen speziellen Audioguide vor, in der Pause und nach dem Konzert durch einen Fachkritiker begleitet wird. Für die Saison 2014/2015 ist geplant, dieses Angebot noch zu erweitern.
Stefan Schulz, Pressesprecher der Stadt Potsdam, betonte auf PNN-Anfrage, dass es sich bei der Kürzung von 123 290 Euro um einen Entwurf handelt, der erst nach der Sommerpause in den entsprechenden Gremien behandelt wird. Schulz bestätigte aber auch, dass die Musikfestspiele Sanssouci und Nikolaisaal Potsdam gGmbH die einzige Kultureinrichtung ist, die von derartigen Kürzungsplanungen betroffen ist.
Im Mai hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Göken, Pollack und Partner eine Analyse in Hinblick auf die wirtschaftliche Situation der Musikfestspiele Sanssouci und Nikolaisaal Potsdam gGmbH vorgelegt. Darin heißt es: „Werden die Zuwendungen der Landeshauptstadt Potsdam im Geschäftsjahr 2015 um T€ 123 gekürzt, wird die Gesellschaft unter der Fortführung aller ihrer bisherigen Tätigkeiten einen Jahresfehlbetrag in 2015 erleiden, der zur Minderung des Eigenkapitals und zur negativen Liquiditätsentwicklung führen wird.“ Was das für Auswirkungen haben wird, dafür finden die Gutachter klare Worte: „Perspektivisch wird es dann erforderlich werden, einzelne Tätigkeiten einzustellen, um entsprechend der Zuwendungskürzung Kosten einsparen zu können.“
Dirk Becker
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