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Kultur: Zupackend und schnörkellos

Katia Ghigi und Michele Rossetti zum Auftakt der Havelländischen Musikfestspiele in Potsdam

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Frisch, fröhlich, geradezu frühlingsfreudig erklingt sie: mit klarem, ziemlich durchdringendem und vordergründigem Ton der Geigerin. Mit der dreisätzigen e-Moll-Sonate op. II Nr. 8 von Francesco Maria Veracini eröffneten Katia Ghigi (Violine) und Michele Rossetti (Klavier) ihr Konzert in der Französischen Kirche am Wochenende, das gleichzeitig Startschuss für die Reihe der Potsdam-Konzerte innerhalb der 14. Havelländischen Musikfestspiele war. Dagegen kommt der Pianist am zugedeckelten Bechstein-Flügel klanglich natürlich nicht an. Ladies first – der Internationale Frauentag spielte bei solcher Arbeitsteilung sicherlich keine Rolle. Und so beschränkt sich der Pianist bei seiner Begleitung auf die zweckdienliche Darreichung vieler Stützakkorde nach barocker Manier. Auch im schmachtenden Ritornello, largo und staccato dargeboten, kümmern sich beide weniger um historisch informierte Spielweise, stattdessen betreiben sie ein zupackendes, schnörkelloses Musizieren.

Dem kurzweiligen Stück folgt mit Mozarts zweisätziger e-Moll-Sonate KV 304 ein durchweg dramatisch angelegtes Werk, in welchem dem Klavierpart eine aktiv mitbestimmende Funktion zuwächst. Allerdings hätten die beiden Spieler schon mehr Wärme und Glanz an die Wiedergabe verschwenden dürfen. Auch mehr Eleganz und gelöstere Aufschwünge, zu denen man sich leider nur sehr selten entschließt. In großer Geste eröffnet die Violine mit dem melodisch schwelgerischen Hauptthema die viersätzige F-Dur-Sonate op. 24 von Beethoven. Der Name „Frühlingssonate“ stammt aber nicht von ihm, sondern aus dem 19. Jahrhundert, mit dem, sehr zutreffend, der helle und heitere, sich in weiten Bögen ausbreitende Gestus der Musik charakterisiert ist. Alles befindet sich in schwungvoller Bewegung, diesmal unter der Federführung des Klaviers, denn selbiges steht in der Rangfolge der Besetzungsbezeichnung nunmehr an erster Stelle: Sonate für Klavier und Violine!

Diese Vormachtstellung kostet Michele Rossetti mit kraftvollem und kernigem Anschlag genüsslich aus. Doch die Violine gibt nicht so schnell klein bei und sucht sich ab und an ziemlich vorlaut Gehör zu verschaffen. Bis auf diese kleinen „Sticheleien“ herrscht ein vorzügliches, energisches Zusammenspiel. Grollende Bassfiguren, wiegender Saitenklang, liedhaft-verträumtes Duettieren, Seufzer der Hingabe und Ermattung (Frühling macht halt müde), ausdrucksgeladene Verzierungen und perlende Klavierläufe sorgen für viel klangliche Differenzierungen. Gleich einer aufbrechenden Scholle oder bevorstehendem Knospenknall verheißt Beethovens kürzestes Scherzo ziemlich eindeutig: Der Lenz ist da! Voll der rauschenden, frohen Gefühle endet das Werk. Ihm folgt als gravitätisch-virtuoses Konzertfinale die g-Moll-Chaconne von Tomaso Antonio Vitali in einer Bearbeitung aus dem 19. Jahrhundert. Pausenlos parlierende Aufgeregtheiten und redselige Besänftigungen wechseln einander ab, finden stets eine tastentrillerreiche und doppelgriffsichere Wiedergabe. Dem Beifall danken die Künstler mit einem g-Moll-Adagio von Vivaldi. Peter Buske

Peter Buske

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