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Kultur: Zurück zu den Wurzeln

Konzert der polnischen Klezmerband Kroke

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Worldvibes goes Arena, so zumindest am vergangenen Freitagabend. Die Musikreihe des Potsdamer Waschhauses, deren Intention es ist, die Facetten der Weltmusik in Potsdams Gehörgang zu bringen und die bereits Bands aus der Tango-, Swing- oder Ska-Szene im Programm hatte, zieht normalerweise ein kleines, feines Publikum an, das gut im Waschhaus Club Platz findet. Für diesen Abend aber mussten größere Räumlichkeiten her, denn die polnische Klezmerband Kroke, die bereits im Nikolaisaal zu Gast war und im Laufe ihrer Musikerkarriere mit keinem geringeren als Stargeiger Nigel Kennedy musizierte, sprengte mit über 200 Gästen den Rahmen.

Diese hatten größtenteils auf Stühlen Platz genommen, nur einige wenige Fans blieben lieber stehen, bereit, sich in ausgelassene Tanzstimmung versetzen zu lassen. Der Tradition nach gilt die der menschlichen Stimme sehr ähnliche jüdische Volksmusik schließlich vor allem der Hochzeitsbegleitung und ist bekannt für ihre ansteckende Fröhlichkeit.

Die dreiköpfige Band, geschlossen in dunkler Hose, weißem Hemd und mit schwarzen Hüten bekleidet, zeigte mit ihrem Einstiegssong die Bandbreite ihrer musikalischen Interessen. Der Bass, dem man augenscheinlich seinen Klangkörper gestohlen hatte und der nur noch aus der langen Griffleiste zu bestehen schien, wurde von Tomasz Lato gezupft und beklopft und mutete beinahe elektronisch an. Dann wieder schien man sich, mithilfe des Geigers Tomasz Kukurba in einer Moschee wiederzufinden, in der der Mullah mit eindringlicher Stimme zum Gebet ruft. Und das im Abgang, dieses Stück auf dem Akkordeon, hingebungsvoll gespielt von Jerzy Bawol, war das nicht ein Tangopart?

Wie eine kleine Vorschau, eine Collage aus Klängen, Tonfolgen und Stimmungen machten Kroke neugierig auf den Abend. Kroke sind bekannt dafür, dass sie mit ihrer Musik immer wieder eine Brücke schlagen zwischen Tradition und Moderne, zwischen Klezmer, Jazz und Klassik. Nach einigen Stücken allerdings war klar, dass sich ihre musikalischen Präferenzen in den letzten Jahren verändert haben. Das Traditionelle behielt während des zweistündigen Konzertes die Oberhand und Kroke schlugen in ihren Songs stets aufs Neue einen schwermütigen, nachdenklichen und klagenden Ton an, malten Bilder von Wüstenlandschaften, durch die ein heißer Wind weht, oder ließen Geige, Kontrabass und Akkordeon schmerzvolle, langgezogene Lieder singen.

Immer wieder klang Osteuropäisches oder Orientalisches aus den Kompositionen hervor, nur manchmal ließen sich Elemente aus dem Jazz heraushören. Wenn der Kopf der Band, Geiger Kukurba, seine sparsam eingesetzte eigene Stimme in die Höhe schraubte und zu einem schluchzenden Singsang werden ließ, glaubte man sich fast in afrikanischen Weiten. Für die aufs Tanzen versessenen Gäste des Abends gab es vergleichsweise wenig Gelegenheiten zum ausgelassenen Feiern. Kroke haben schon viel probiert in ihrer musikalischen Karriere, doch jetzt sind sie vielleicht zu ihren Wurzeln zurückgekehrt, besinnen sich auf ihre musikalische Herkunft und geben den auf aller Welt verstreuten Juden wieder eine Stimme mit kosmopolitischer Färbung und volkstümlicher Intention. Andrea Schneider

Andrea Schneider

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