Kultur: Zurückhaltende Klänge voll Poesie
Die Weltklasse-Gitarristen Los Romeros spielten im Nikolaisaal
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Auf der kaum beleuchteten Bühne stehen vier Klavierhocker, vier Fußstützen und vier niedrige Notenständer. Nichts verstellt die Sicht auf die vier Herren in dunklen Anzügen, die jetzt mit vier Gitarren auf ihre Plätze eilen. Bei ihrem Konzert im bis auf den letzten Platz gefüllten Nikolaisaal begeisterten Los Romeros ihre Zuhörer. Es braucht dafür weder Verstärker noch Showelemente, sondern einfach nur vier sehr gut aufeinander eingespielte Weltklasse-Gitarristen. Los Romeros sind ein Familienunternehmen und eine musikalische Institution seit über fünfzig Jahren. Inzwischen spielt die dritte Generation in der von Großvater Celedonio Romero gegründeten Formation. So kommt es, dass auf der Bühne im Nikolaisaal zwei Brüder, Vater und Sohn sowie zwei Onkel und Neffen und zugleich zwei Cousins sitzen.
Diese Familienbande zeitigen reiche Früchte, denn ihre Art zu spielen ist einzigartig präzise, melodisch und ausdrucksvoll. Feuriges Flamenco-Schrammeln liegt ihnen nicht, sie setzen lieber auf zurückhaltende Klänge mit Poesie und Gefühl, auf klassische Ausgewogenheit im besten Sinne.
Den Anfang machen alle vier Romeros mit einem verhaltenen Präludium von Ruperto Chapí, einem Komponisten spanischer Zarzuelas. Sogleich folgt Pepe Romero, schon 71 Jahre alt, was man ihm weder ansieht noch anhört. Überaus beweglich zupfen und gleiten seine Finger über die Saiten, sei es bei melodischem Passagenwerk oder bei den munteren Akkorden am Steg hinauf und hinunter. Mit Neffe Celino Romero spielt er im Duett „Tonadillas“ von Joaquín Rodrigo, dem spanischen Meisterkomponisten. Dabei erweist sich Celino als lässiger Bassmelodiespieler, während Pepe im Diskant schwirrt und schwärmt. Eine frische Brise weht durch Luigi Boccherinis Fandango in einer sehr lebendigen Version von Pepe Romero für vier Gitarren.
Sogar der Senior des Quartetts Celin Romero, 1936 im spanischen Málaga geboren, erfreut die Zuhörer mit zwei sanft-verträumten Preludios von Heitor Villa-Lobos. Von ganz anderer Fasson ist der junge Celino, doch so genuin musikalisch, wie er spielt, erweist er sich zugleich als ganzer Romero. Sein nonchalantes Spiel erinnert an entspannte Strandnächte in Kalifornien, wo seit 1957 alle Romeros ansässig sind und der Nachwuchs zur Welt kam. Als Einziger richtet er einmal kurz auf Englisch das Wort an die Zuschauer. Doch die genießen offensichtlich die unprätentiösen, grundsoliden, klangvollen musikalischen Darbietungen der vier Gitarren. Schließlich steigt bei der Danza von Enrique Granados noch Lito ein und zupft die ruhige Basslinie, während Celino dazu virtuos wirbeln darf. Familienbande im musikalischen Sinne zeigen sich in einer Malagueña von Stammvater Celedonio, wo das melodische Motiv von einem zum nächsten weitergereicht wird. Erst jetzt gehen die Spieler ein wenig mehr aus sich heraus. Nach mehreren Zugaben verabschieden sich die vier Meistergitarristen von ihren glücklichen Zuhörern.
Babette Kaiserkern
Babette Kaiserkern
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