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Kultur: Zwischen Ausgelassenheit und tiefem Schmerz

Abschlusskonzert der 15. Hofkonzerte mit Václav Siberia und dem Trio Martinu

Stand:

Im fernen New York erfuhr der tschechische Komponist Antonin Dvorák 1894 vom Tod des befreundeten Tschaikowsky, vom Tod seines Freundes Hans von Bülow und der schweren Erkrankung seines Vaters. Unter diesem Eindruck schrieb Dvorák die zehn „Biblischen Lieder“ (op.99). Lieder, in denen Dvorák der eigenen tiefen Religiosität einen ganz persönlichen musikalischen Ausdruck verleiht.

Zurückhaltend, fast einem Selbstgespräch gleich, sang Václav Siberia beim Abschlusskonzert der 15. Potsdamer Hofkonzerte Sanssouci am Montag im Schlosstheater diese „Biblischen Lieder“. Siberia verzichtete auf theatralische Gestik oder übertriebene Mimik; sein Bariton klang weich und vibrationsarm. Mit nur leichter Schärfe in seinem Ton machte er den Zwiespalt zwischen Verehrung und der Furcht vor Gott, zwischen Todesangst und der Zuversicht auf die Hilfe des Herren deutlich. Im Pianisten Petr Jiríkovsky fand er dabei einen sensiblen Begleiter mit fast schon sakralem Ton.

Als „Böhmische Weihnacht“ war das Konzert mit dem tschechischen Sänger Sibera und dem Trio Martinu angekündigt. Mit der Sonate Nr.1 in A-Dur von Vojtech Jírov (1763-1850) eröffnete das Trio Martinu das Programm. Und schon im Allegro moderato entspannen sich ausgelassene Dialoge zwischen Klavier und Violine.

Pavel Safarík spielte die Violine mit breiter Brust. Beherzt sein Ton, gelegentlich mit ein wenig Wiener Schmelz, ließ er sich auf prächtige Duelle mit den scarlattihaften Eskapaden von Jiríkovsky auf dem Klavier ein. Cellist Jaroslav Matejka überließ den beiden das Feld, gemahnte nur gelegentlich mit tiefem Ton zur Zurückhaltung. Im Larghetto dann gebremst, nutzten Klavier und Violine das Rondo, um sich wieder der lieb gewonnenen Ausgelassenheit aus dem Allegro moderato zu widmen.

Von dieser tänzerischen Leichtigkeit und Verspieltheit war in Dvoráks erstem Klaviertrio in B-Dur (op. 21) nicht mehr viel zu spüren. Das Allegro molto noch geprägt von dem Wechsel zwischen leichtester Anmut und wildester Leidenschaft, hob das Adagio molto e mesto mit innigster Klage an. Hier schien die Ausweglosigkeit zu dominieren. Doch geführt von Klavier und Cello, fand die Geige – Safarík hier mit wunderbar drängendem Ton – einen Ausweg aus dieser Schattenwelt. Das Allegro scherzando, getragen durch das gemeinsame Melodiespiel von Klavier und Cello, als Hatz aus dem dunklen Adagio, trieb sich das Trio Martinu in ein beherztes Finale. Langanhaltender Applaus in den vollen Zuschauerreihen für ein Weihnachtskonzert, das zwischen Ausgelassenheit und tiefstem Schmerz alles bot. Dirk Becker

Dirk Becker

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