Kultur: Zwischen den Stilen
Torsten Goods im Foyer des Nikolaisaals
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Er hat einen dann doch ausgesöhnt mit diesem Wetter, ausgerechnet mit einem Lied zum Wetter. „Winters night“ von seinem aktuellen Album „1980“. Eine Ballade im passgenauen Jazzformat à la „Great American Songbook“. Die ersten Minuten gehörten Torsten Goods allein, besser gesagt seiner Gitarre. Eine wunderbare Archtop vom Erlanger Gitarrenbauer Alphonse Keller. Das muss hier auch einmal erwähnt werden. Steht ein Violinist auf der Bühne, will man schließlich auch gern wissen, was für ein Instrument er da gerade spielt. Es muss ja nicht immer Stradivari sein.
Torsten Goods also, 29 Jahre jung, Sänger und Gitarrist in Jazzgefilden, ließ seine dickbauchige Gitarre sprechen und schickte einem mit jedem Ton ganz viel Wärme durch die Ohren direkt hin zum Herzen. Das perlte so voll und butterweich, so elegant und virtuos, so lässig und leicht, dass einem die schneeversessene „Daisy“ gestohlen bleiben konnte und die wetterbedingten Schwierigkeiten auf dem Weg am Samstagabend ins Foyer des Nikolaisaals genauso schnell vergessen waren wie die unweigerlichen Gedanken an die möglichen kleinen Katastrophen auf dem späteren Heimweg. Wenn Torsten Goods auf seiner Archtop den Winter spielt, kann die Welt zuschneien, dem seligen Hörer ist das egal. Auch wenn sich Pianist Jan Miserre dazu gesellt, und Christian von Kaphengst am Bass, und Felix Lehrmann am Schlagzeug. Da entsteht eine Klanglandschaft, die vor innerer Schönheit nur so strahlt.
„Winters Night“ gehörte zu den ruhigen Momenten im recht abwechslungsreichen Konzert von Torsten Goods und seinen Bandkollegen. Ausverkauft war der schlicht mit dem Albumtitel „1980“ überschriebene Abend in der Reihe „The Voice in Concert“ nicht. Doch lag das wohl kaum an Goods, sondern wohl eher an „Daisy“. Die gekommen waren, hatten auf jeden Fall ihre helle Freude an der eigenwilligen Mischung aus Jazz, Blues, Pop, Rock und Soul, die im Foyer geboten wurde. Schon das eröffnende „Don’t let it get to you“ war ein klares Statement, dass dieser Abend nicht in introvertierten Soloexezessen der einzelnen Musiker versanden würde. Das brandete derart druckvoll von der kleinen Bühne in die Stuhlreihen, dass man einen kurzen Moment doch schreckensstarr dasaß. Torsten Goods liebt den Jazz, das war immer wieder zu hören. Doch er liebt auch den Pop, Rock und Soul, der in seinem Geburtsjahr 1980 die Charts dominierte. Und so waren an diesem Abend „99“ von Toto, „It’s still rock n’ roll to me“ von Billy Joel und Queens „Crazy little thing called love“ in ganz besonderen Coverversionen zu hören, denn Goods und seine drei Mitmusiker immer auch einen Jazzstempel aufdrückten. Zum Atemholen, zum Genießen dazwischen wunderbare Momente mit „No Religion“, ursprünglich von Van Morrisson, und Goods Arrangement über das irische Traditional „The Londonderry Air“.
Ein Abend, der einen immer wieder staunen ließ über die musikalische Bandbreite von Torsten Goods, der mit diesem Konzert zeigte, dass er sich zwischen den Stilen wohl am wohlsten fühlt. Fast möchte man das Prädikat „Vollste Zufriedenheit“ vergeben, wenn sich da nicht allzu oft Schlagzeug und Bass zu sehr in den Vordergrund gedrängt und der Musik mit ihrer Lautstärke den Genussfaktor ausgetrieben hätten. Dirk Becker
Dirk Becker
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