Kultur: Zwischen Schmelz und Härte Auftaktkonzert von „Klassik unterm Atlas“
Der einstige Theatersaal im Alten Rathaus am Alten Markt hat sich gewaltig verändert. Nicht nur optisch, sondern auch akustisch.
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Der einstige Theatersaal im Alten Rathaus am Alten Markt hat sich gewaltig verändert. Nicht nur optisch, sondern auch akustisch. Und zu seinem Vorteil. Kaum sichtbare Klangabsorber und versteckte Resonatoren garantieren dem nunmehrigen Konzert- und Veranstaltungssaal des Potsdam Museums eine sehr prägnante, trockene Akustik. Beste Voraussetzungen für kammermusikalische Darbietungen. Diese Möglichkeit nutzte der Förderverein des Potsdam Museums e.V. am Samstag zu seiner ersten Konzertofferte in diesem anheimelnden Klangraum. Er war fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Der Erlös dieses Benefizkonzertes von über 2000 Euro wird Restaurierungen von Sammlungsstücken für künftige Museumsausstellungen zugutekommen. Doch ehe die Gäste zu Brieftasche oder Scheck greifen durften, konnten sie sich bei einem Sonatenabend mit der seit knapp 20 Jahren in Potsdam lebenden Pianistin Constanze Beckmann und ihrem litauisch-kanadischen Geigenpartner Atas Banks entspannt Gedanken über die Höhe der persönlichen Gabe machen. Johann Sebastian Bachs entstehungsgeschichtlich etwas verworrene und fragmentarisch überlieferte Sonate für Violine und obligates Cembalo G-Dur BWV 1019 scheint dafür wie geschaffen.
In seiner Anlage und Themenerfindung erinnert es ein wenig an Bachs „Brandenburgische Konzerte“, beispielsweise durch ein eingeschobenes klangbrillantes Solo für Cembalo. Die Ohren hätten sich sehr gefreut – wenn denn ein solches Instrument verwendet worden wäre. Stattdessen tastatiert die Pianistin sehr kraftvoll und in gleichmäßigem Tempo auf einem Steinway-Flügel. Vorlaut, mit trockenem und klarem Anschlag dominiert sie ziemlich unsensibel auch das Geschehen der anderen Sätze. Mit Bachs Absicht, in seinen Sonatensammlungen das Cembalo aus der Rolle des Generalbassinstruments zu befreien und es in die Rolle eines gleichberechtigten Partners zu erheben, mag Constanze Beckmann sich leider ebenso wenig anzufreunden wie mit historisch beeinflusster Spielweise. Eine Domina der Tasten, die sich um das figurative und differenzierte Spiel des Geigers Atas Banks, gefragter Saitenprofessor und langjähriges Mitglied des Toronto Symphonie Orchestra, kaum einen Deut schert.
Dann kann sie, man beachte die Rangfolge, Ludwig van Beethoven mit seiner c-Moll-Sonate für Klavier und Violine op. 30 Nr.2 als Kronzeugen ihrer gestalterischen Intentionen benennen. Da ist sie mit grollenden Bassläufen, donnernden Akkorden und leidenschaftslodernder Intensität ganz in ihrem und Beethovens Element. Obwohl noch etwas zu zaghaft tritt der Geiger aus dem Klangschatten der forteliebenden Tastenlöwin heraus und ihr mit gleichsam aufmüpfigen Einwürfen in partnerschaftlicher Absicht zur Seite. Kontrastbetont geht’s zu, kurz phrasiert ebenfalls, und das Pedal für die Dämpfung macht unschöne Nebengeräusche. Darunter leiden auch Dmitri Schostakowitschs zwischen gefühlvoll, witzig und marschgrotesk pendelnde, ausgewogen musizierte Vier Préludes für Violine und Klavier. Für Sergej Prokofjews Sonate für Violine und Klavier Nr. 2 D-Dur finden geigerischer Schmelz und klavieristische Härte vortrefflich zueinander. Und so können sich pointierte Kapriolen, elegische Stimmungsmomente und effektvoll gesteigerter Marschwitz aufs Vorzüglichste entfalten. Der Beifall tobt, eine Zugabe folgt. Peter Buske
Peter Buske
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