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Kultur: Zwischen Tradition und Eigensinn

Lebenswege Potsdamer Frauen vom 18. bis zum 20. Jahrhundert in einem Buch

Stand:

Eine große Schar von Zuhörerinnen war zur Präsentation des Buches „Zwischen Tradition und Eigensinn - Lebenswege Potsdamer Frauen vom 18. bis zum 20. Jahrhundert“ (nherausgegeben vom Autonomen Frauenzentrum e.V.) in die Landeszentrale für politische Bildung gekommen.

Die Potsdamer Literaturwissenschaftlerin Elke Liebs beschrieb in ihrem Einführungsvortrag die Geschichte der Mühen weiblicher Emanzipationsversuche bis in die Jetztzeit. Die vorgestellten Biografien markierten die bis heute noch immer wenig erforschte Alltagsgeschichte der Bürgerinnen. Die Recherche ihrer Geschichten gliche daher fast einer „archäologischen“ Arbeit, erklärte Elke Liebs. So wäre es lobenswert, dass die Historikerinnen Jeanette Toussaint und Silke Kamp die mühsame Arbeit in den Archiven auf sich nahmen und den mageren Spuren der „Vorkämpferinnen weiblicher Selbstbilder“ nachgingen.

Die Seidenkultivateurin und Hasplerin Anne Marie Baral lebte seit ihrer Verheiratung 1746 und bis zu ihrem Tod 1805 in Potsdam. Silke Kamp, die zur Geschichte der Hugenotten in Potsdam promoviert, versuchte das Leben der Unternehmerin aus den Quellensplittern zu rekonstruieren. Ihr Ehemann, Jean Pierre Baral, hatte zunächst als Wollweber für preußische Uniformen eine gesicherte Stellung, die nach dem Siebenjährigen Krieg an Bedeutung verlor. Nur zwei der sieben Kinder, zwei Töchter, erreichten das Erwachsenenalter. Nach dem frühen Tod des Ehemannes musste Anne Marie Baral für sich und die noch unverheiratete Tochter nach einem neuen Lebensunterhalt suchen. Die Seidenkultivierung, die zurzeit Friedrichs II. sehr gefördert wurde, war für Frauen ein geeignetes Betätigungsfeld. Kamp vermutet, dass Marie Baral die Seidenkultivierung bereits im Elternhaus erlernt hatte. Nach ersten sichtbaren Erfolgen erhielt Anne Marie im „Jägerhof“ für sich und ihre Tochter eine Festanstellung. Sie wurde für sechs Waisenknaben die erste weibliche Ausbilderin. Maria Carolina Benda entstammt einer weit verzweigten Musikerfamilie aus Böhmen. Der Vater Franz Benda erlangte als Musiker am Hof Friedrich II. große Anerkennung. Wenig ist über seine Töchter bekannt. Jeanette Toussaint widmete sich ihrer Geschichte und erzählte, dass die Töchter früh beim Vater Gesangs- und Klavierunterricht erhielten, um ihre Chancen auf dem Heiratsmarkt zu erhöhen. Nach dem frühen Tod der Mutter mussten die Töchter zunächst den Haushalt führen. Als der Vater eine Hofdame der Herzogin Anna Amalia aus Weimar heiratete, traten die beiden Schwestern die Stelle der Stiefmutter in Weimar an. Maria wurde gleichzeitig als Sängerin und Pianistin engagiert. 1770 heiratete sie den Hofkapellmeister Ernst Wolf, mit dem sie gemeinsam Konzerte veranstaltete. Nach ihrer Hochzeit komponierte sie Klavierstücke, die in der Musikliteratur Eingang fanden. Auch ihre Schwester Juliane heiratete in Berlin einen Musiker und komponierte Lieder und Klavierstücke, die die Emotionalität des Zeitalters der Empfindsamkeit widerspiegeln.

Mit der Biografie der 1861 in Dresden geborenen Johanna Just stellte Jeanette Toussaint eine Lebensgeschichte vor, die bis in die Gegenwart noch sichtbare Spuren in Potsdam hinterlassen hat. So trägt das 1991 in der Rubensstraße gegründete Oberstufenzentrum ihren Namen. Nach einer Lehrerinnenausbildung gründete Johanna Just mit ihren beiden Schwestern zunächst in Berlin ein „Haushaltspensionat für Töchter gebildeter Stände“, in dem Mädchen alle Tätigkeiten des Haushalts erlernen konnten. Als sie die Schule später nach Potsdam verlegten, konnten die Schwestern Just die Schule zu einer Ausbildungsstätte für Haushaltslehrerinnen erweitern. Nach langen Kämpfen kam die Schule 1904 als „Handels- und Gewerbeschule“ in staatliche Hände und zog 1908 in die Berliner Straße. Johanna Just war bis zu ihrer Pensionierung die Direktorin dieser Schule. Barbara Wiesener

Barbara Wiesener

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