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Potsdam-Mittelmark: „ ihrem Gatten stets gehorsam“

Vortrag über unbekannte Dorothea in Caputh

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Vortrag über unbekannte Dorothea in Caputh Schwielowsee · Caputh - „Ich bin so gantz alleine, das ich umb gesellschaft zu haben es habe thun müssen“, schrieb der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm 1668 an Fürst Johann Moritz, Statthalter zu Kleve (der mit dem Eyland“). Ein Jahre zuvor war ihm Luise Henriette gestorben, fünf Geburten und mehrere Fehlgeburten hatten ihren Lebensgeist zu sehr geschwächt. Am 14. Juni 1668 heiratete er mit Dorothea die erst 32-jährige Witwe des Herzogs Christian von Lüneburg, deren 12 einvernehmliche Ehejahre kinderlos geblieben. Sie entstammt (geb. 1636) der Linie Holstein-Glücksburg – welcher, nur etwas entfernt, auch unsere letzte Kaiserin entsprang – wurde im zehnten Jahre am dänischen Hofe erzogen und mit 17 dem späteren Herzog von Hannover, einem Liebhaber feucht-fröhlicher Feste, von Jagd und derben Späßen, anverlobt, Christian Ludwig eben, welcher 1665 an „Leibesschwachheit“, starb. Persönliche Zeugnisse dieser Zeit fehlen fast ganz, versicherte die Caputher Kastellanin Petra Reichelt am Samstag 35 Gästen, welche trotz lärmender „Jingle Bells“ und gewisser Rostbratdünste vom gegenüberliegenden Weihnachtsmarkt ihrem Vortrag über die ganz unbekannte Dorothea lauschten, in Dorotheas Schloss, einem Donum ihres Kurfürsten von 1671. Ihr Konterfei hing den Besuchern auch im Rücken, schade, dass man es nicht nach vorne holte. Vielleicht macht die erstaunlich karge Quellenlage Sinn, denn ihr Image ist durchweg negativ besetzt: Von Angesicht nicht eben eine Schönheit, galt sie als eigennützig, habgierig, herrsch- und rachsüchtig, als „gute Mutter, aber grausame Stiefmutter“. Zudem befand nicht nur Kurprinz Friedrich, seit 1701 erster König in Preußen, dass sie eine „Giftmischerin“ sei. Immerhin konvertierte sie („kaum geistige Interessen“) wegen seines Vaters zu den Reformierten, begleitete den bei der Hochzeit 48-Jährigen auf allen seinen Reisen, auch die sieben Kriege lang, welche er geführt. Sie beriet („beeinflusste“) den Erneuerer des im 30-jährigen Krieges zerwüsteten Landes in politischen Angelegenheiten, sorgte auch, dass er vom Hohenzollerschen Hausrecht, dem „Primogenitur“ (Recht der Erstgeburt aufs Erbe) zugunsten der sieben gemeinsamen Kinder abrückte; drei weitere entstammten seiner ersten Ehe. Eine „robuste und tatkräftige Frau“, urteilten die wenigen Historiker, Pierson 1886, Gloger hundert Jahre später, „ihrem Gatten stets gehorsam“. Dafür überschrieb er ihr Ländereien in Pommern und der Neumark, machte sie zur Besitzerin des eben zurückerworbenen Stadtschlosses Potsdam nebst städtischem Amt (1772 vier Straßen, 100 Einwohner), des Caputher Anwesens samt Umland, des Schwedter Schlosses, usw. Sie selbst gründete im Nordwesten Berlins die bekannte „Dorotheenstadt“. Giftmischerei? Bis heute sind die Todesumstände zweier von drei Söhnen des Kurfürsten erster Ehe (Karl Emil 1674, Ludwig 1687) umstritten. Von einem wenigstens sagte man, „gestern war er bei Dorothea, heute ist er eine Leiche“, was Kurprinz Friedrich, 1686 merkwürdigerweise selbst „bis auf den Tod erkrankt“, an einen Vergiftungsversuch seiner Stiefmutter denken ließ, um die Erbaussichten ihrer leiblichen Kinder zu verbessern. Letztlich habe man sich aber gegen eine satte Apanage versöhnt. Übrigens hatte ihre Tochter zweiter Ehe, Elisabeth Sophie, sogar drei Ehemänner überlebt. Dorothea starb 1689 in Karlsbad. Genau ein Jahr nach der Grablegung ihres Gemahls ruhte sie im Berliner Dom an seiner Seite. Ihre wahre Vita wird erst noch zu schreiben sein.

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