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Von Gerold Paul: „ liegt so im Blut“

Tag des offenen Ateliers am Wochenende: Der Teltower Maler Hans-Jürgen Brauer ist von Anfang an dabei

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Teltow - Auf seiner Südseite scheint Teltow zum Teil aus nur einer Hausreihe zu bestehen. Gleich dahinter ist Gartenland, und das wiederum verliert sich bald in der lieblichen Landschaft der Buschwiesen. Um ein besonders schönes Gartenidyll zu finden, muss man nur ein Tor mit der Hausnummer 75 passieren. Hier, in der Potsdamer Straße, wohnt einer, der von Anfang an die „Tage der offenen Ateliers“ mitgestaltete, Hans-Jürgen Brauer. Am 1. und 2. Mai öffnen 74 Künstler aus dem Landkreis zum elften Mal ihre Werkstätten für neugierige Gäste.

Was für eine schöne Anlage: in frühlingsgrünen Rasen eingebettet, Beete mit blühenden Tulpen, Narzissen, Nester von zarten Kuhschellen, Violen, alles was derzeit blüht. Kein Wunder, die Gattin des Malers hatte es im Berufsleben mit der Biologie zu tun. Nun verwundert es nicht mehr, warum im Heim des berenteten Paares eine ganze Wohnzimmerwand mit Blumenbildern ausgestaltet ist. Allerdings werden Besucher seines Offenen Ateliers diese Bilder am Wochenende nicht unbedingt zu sehen bekommen, die vielen Stammgäste der letzten Jahre kennen sie ohnehin.

Hans-Jürgen Brauer kam über die Arbeiter- und Bauern-Fakultät Dresden zu seinem Beruf. Dreizehn Jahre bis zum Abi in einer Schule für künstlerisch Begabte, Intermezzo in der Produktion, Studium von Kunsterziehung, Pädagogik und Geschichte, Schuldienst ab 1967 in Lehnin, später Teltow und Kleinmachnow. Da die Potsdamer Sektion des „Verbandes Bildender Künstler“ solche „Semiprofessionellen“ nicht gern sah, verschlug es ihn in die Volkskunst. Immerhin war er in diesem staatlich hervorragend organisierten Bereich zehn Jahre Mitglied einer Förderklasse der Bildenden Kunst.

Bis heute engagiert er sich sehr für seine Heimatstadt und ihr Drumherum, gibt sein Wissen nun selbst an Eleven weiter. Ein Maler des stillen Kämmerleins ist er nie gewesen. Bis 1990 nahm er regelmäßig am städtepartnerschaftlichen Pleinair-Austausch mit Opole teil, auch bei den Arbeiterfestspielen, der Krönung jedes Volkskünstlers, war er ständig präsent. Jetzt ist das polnische Zagan (Geburtsstadt des Teltowkanal-Initiators Emil von Stubenrauch) Ziel gegenseitigen Künstler-Pilgerns. Und Etretat nahe Le Havre mit seinen malerischen Steilküsten: Was dort in entfesselter Wildheit entstand, soll am Wochenende zu den Klängen einer Jazz-Kapelle den Garten zieren.

Dieser hochgewachsene Mann malt gern auf Hartfaser, in Öl. Skizzen entstehen vor Ort, vollendet wird im Mini-Atelier der Hausnummer 75. Kenner werden seine künstlerische Handschrift mit „Kontinuität durch Veränderung“ beschreiben. Seine Arbeiten atmen Kraft, Kontrast, Intensität, Farbtiefe, Lebendigkeit, Unruhe. Es gibt welche, die er nur mit seinem Küchenmesser schuf, die meisten fühlten den Pinsel: Porträts von Eltern, Familie und Jugendflamme, viel Landschaft, Genrebilder, Selbstporträts so, wie man sich einen Maler mit Schlapphut in der Tradition des Expressionismus halt vorstellt. Alles Komprimate seines Geistes, denn „für den Foto-Realismus haben wir ja Fotoapparate“!

Neben vielen Teltowbildern hängen zwei Filzstift-Skizzen vom augenblicklichen Zustand des Potsdamer Alten Marktes an der Wand. Nebst Baugrube! „Diesen Blick wird es bald nicht mehr geben“, sagt er nachdenklich. Seine letzten Sachen haben zwar einen leichten Hang zum dunkleren Ton, doch fragte man ihn, warum er denn eigentlich male, so antwortet er: „Kann nicht anders, liegt so im Blut!“

Offene Ateliers im Internet unter:

www.potsdam-mittelmark.de

Gerold Paul

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