Potsdam-Mittelmark: 100 Euro mehr im Monat
Stahnsdorfs Ex-Bürgermeister Enser soll Entschädigungen nicht ordnungsgemäß abgerechnet haben
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Stahnsdorf - Dass der frühere Stahnsdorfer Bürgermeister Gerhard Enser (CDU) in seiner Dienstzeit eine pauschale Aufwandsentschädigung erhalten hat, geht in Ordnung: Ein Bürgermeister muss angemessen gekleidet sein, hier und dort ein Scheinchen als Spende bereithalten und für viele Vereine regelmäßig Mitgliedsbeiträge berappen. Er hat ein Recht auf eine finanzielle Entschädigung. Was im Fall Enser aber womöglich schiefgelaufen ist: Er soll seine sogenannte Dienstaufwandsentschädigung von pauschal 100 Euro im Monat nicht abgerechnet haben. Das ist seit November 2001 Pflicht. Enser war bis Juli 2008 im Amt.
Bekannt wurde der Umstand jetzt durch Ensers Nachfolger, Bernd Albers (Bürger für Bürger). Bei der Suche nach einer Regelung für seine finanziellen Aufwendungen entdeckte Albers in den Akten der Verwaltung ein Schreiben vom brandenburgischen Innenministerium aus dem Jahr 2002 an den Landrat. Darin wird auf die Nachweispflicht hingewiesen, die für die Dienstaufwandsentschädigung von Bürgermeistern gelte. Eine pauschale Entschädigung ist demnach nur zulässig, wenn „aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte oder tatsächlicher Erhebungen nachvollziehbar ist, dass und in welcher Höhe finanzielle Aufwendungen typischerweise entstehen“.
Diese Abrechnungen für Ensers Dienstzeit haben sich jedoch nicht in den Verwaltungsakten gefunden, sagte Albers gestern gegenüber den PNN. Das Schreiben sei im September 2003 an die Gemeinde Stahnsdorf weitergeleitet worden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte die Entschädigungsregelung in der Gemeinde geändert werden müssen.
Albers will die pauschale Aufwandsentschädigung von 1200 Euro pro Jahr, die bis heute noch im Stahnsdorfer Haushalt steht, nun völlig kippen – um selber keine „Angriffsfläche“ zu bieten, wie er sagt. Am Donnerstag soll in der Sitzung des Hauptausschusses über die Beschlussvorlage diskutiert werden.
Albers selbst habe die Pauschale seit seinem Amtsantritt nicht in Anspruch genommen. Er habe bislang noch gar keine Dienstaufwandsentschädigung geltend gemacht und habe das auch nicht vor, so Albers. Aus seiner Sicht lautet die wichtigste Frage an Gerhard Enser: Hat der damalige Bürgermeister Kenntnis von der Regelung gehabt oder nicht? „Er hätte es vielleicht wissen müssen“, findet Albers.
Gerhard Enser, der derzeit um ein Mandat für den brandenburgischen Landtag kämpft, wurde gestern von den Vorwürfen kalt erwischt. Dass er seine Aufwandspauschale über den Zeitraum von fast sieben Jahren gegebenenfalls hätte abrechnen müssen, wusste er nicht, sagte Enser auf Anfrage. „Die Regelung kenne ich nicht.“ Auch die Beschlussvorlage, mit der die pauschale Dienstaufwandsentschädigung im Hauptausschuss nun gestoppt werden soll, war ihm in seiner Funktion als Stahnsdorfer Gemeindevertreter bislang unbekannt. Enser lehnte gestern jede weitere Stellungnahme ab. Er wolle den Sachverhalt zunächst prüfen – auch ob eine solche Nachweispflicht tatsächlich bestand. Die Pauschale von 100 Euro im Monat halte er allerdings für angemessen. Tobias Reichelt
Tobias ReicheltD
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