Potsdam-Mittelmark: 150. Geburtstag eines großen Malers
Gedenken an Lovis Corinth in Stahnsdorf
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Stahnsdorf - Für einen Impressionisten hat er zu rau gemalt, für einen Expressionisten zu idyllisch durchlichtet. Lovis Corinth (1858-1925) lässt sich nicht in eine Schublade stecken. Franz Heinrich Louis Corinth entzieht sich den gängigen Kategorien der Kunstkritik. Der Sohn eines Gerbers wurde heute vor 150 Jahren am 21. Juli 1858 im ostpreußischen Tapiau geboren. Auf dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof befindet sich seine letzte Ruhestätte. Es ist der Name Corinth, der in einem Atemzug mit Zille, Murnau oder Langenscheidt genannt wird, um den Stahnsdorfer Friedhof als Ruhestätte der Prominenten zu beschreiben.
Ein Schlaganfall, der Corinth 1911 halbseitig lähmte, teilte das Leben des Künstlers in eine Phase des Aufbruchs mit traditionellen und eine Phase der Vollendung mit existenziell grundierten Motiven. Lust wie in „Liegender Akt“ wandelte sich zu Schmerz, zu erkennen auf dem Bild „Der rote Christus“. Aus Bildern voller ausschweifender Lebensfreude wie „Die Jugend des Zeus“ wurden in seinen letzten Jahren in Oberbayern Familien-Porträts, Stillleben und idyllische Landschaftsbilder.
Nach seiner Gymnasialzeit in Königsberg hatte Corinth die Kunstakademie besucht und die traditionelle Historienmalerei gelernt. 1880 wechselte er an die Münchner Kunstakademie, wo er sich der Bewegung des Naturalismus anschloss.
In Antwerpen ließ Corinth sich von Peter Paul Rubens, Rembrandt und Franz Hals inspirieren, bevor er sich 1884 an der Pariser Privatakademie Julien auf die Aktmalerei von Frauen verlegte. Nach dem Tod seines Vaters, den er 1888 auf dem Krankenlager einfühlsam porträtiert hatte, kehrte Corinth nach München zurück und orientierte sich dort zunächst an den Kollegen, die unter freiem Himmel ihre Motive fanden. Dann schloss er sich der Künstlergruppe der Sezessionisten an. Mit naturalistischen Schlachthausbildern provozierte Corinth schon Anfang der 90er Jahre das Münchner Publikum. 1895 zog Corinth nach Berlin, wo ihm seine Freunde Walter Leistikow, Max Liebermann und Paul Cassirer unter die Arme griffen. Er gründete eine Malschule, die ihm Geld einbrachte und seine Bilder bekannter machte. Seine erste Schülerin und zugleich sein Vorzugsmodell Charlotte Berend heiratete der Künstler 1903.
In seinen mythologischen Motiven begannen sich Lust und Schmerz zu durchdringen. „Ich war nicht wenig erstaunt, dass alle Welt mich aus meinen Arbeiten einen starken Lebensbejaher nannte. In der Tat war ich seit meiner Kindheit von schwerster Melancholie heimgesucht“, schrieb Corinth in seiner „Selbstbiographie“. „Sein zentrales Thema war der Mensch und dessen Leiden“, urteilt die Kunstkritikerin Verena Auffermann. Das gilt vor allem für Corinths Alterswerk. Am 17. Juli 1925 starb Lovis Corinth in Zandvoort bei Amsterdam, wo er sich noch einmal die Bilder von Franz Hals und Rembrandt ansehen wollte.
Claudia Schülke, epd
Aus Anlass des 150. Geburtstages findet heute um 15 Uhr in der Holzkirche des Südwestkirchhofes eine Gedenkfeier statt. Dort wird unter anderem die Historikerin Rosemari Gebauer zum Leben und Wirken des Malers referieren.
Claudia Schülke, epd
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