Mittelmärkische SPD veranstaltet Integrationskonferenz: 2000 Wohnungen fehlen
Michendorf - Der Begriff „Flüchtlingskrise“ störe ihn, sagt Hans Mondwort aus Teltow, weil er suggeriere, dass die Flüchtlinge an allem schuld seien, was zurzeit in Deutschland schieflaufe bei der Migrationspolitik. Der Teltower war einer von rund 40 Teilnehmern, die sich am Samstag zu einer Integrationskonferenz im Michendorfer Gemeindezentrum trafen.
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Michendorf - Der Begriff „Flüchtlingskrise“ störe ihn, sagt Hans Mondwort aus Teltow, weil er suggeriere, dass die Flüchtlinge an allem schuld seien, was zurzeit in Deutschland schieflaufe bei der Migrationspolitik. Der Teltower war einer von rund 40 Teilnehmern, die sich am Samstag zu einer Integrationskonferenz im Michendorfer Gemeindezentrum trafen. Eingeladen hatte die mittelmärkische SPD, um mit ehrenamtlich Engagierten und Unternehmen zu diskutieren, wie Integration gelingen kann.
Gekommen war auch Landrat Wolfgang Blasig (SPD), der deutlich machte, dass der für ihn abschätzig klingende Begriff „Flüchtlingskrise“ besonders die Defizite in der Bundesrepublik aufgedeckt habe. „Wir doktern hier nur an Symptomen herum, deren Ursache jedoch ist ein fehlendes Einwanderungsgesetz.“ In der Folge der verschlafenen Migrationspolitik seien Behörden überlastet und beim Wohnungsmarkt habe sich herausgestellt, dass der Glaube an den Markt, der angeblich alles richte, ein Irrtum sei. 2000 Wohnungen für mittlerweile anerkannte Flüchtlinge würden in Potsdam-Mittelmark dringend gebraucht.
Wie flexibel die Mittelmärker auf Herausforderungen reagieren, zeigten die Diskussionen in den vier Arbeitsgruppen. Kernthemen waren Arbeit, Bildung, Teilhabe und Wohnen. In deren Ergebnis wurden fehlende Strukturen in Einrichtungen und Behörden beklagt, ebenso Ansprechpartner in Kommunen. Eine der dringlichsten Aufgaben für die kommenden Jahre: neuen Wohnraum schaffen. Denn der ohnehin in Ballungsgebieten wie Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf bestehende Wohnungsmangel hat sich durch den Zuzug der Flüchtlinge verschärft. Carsten Fischer, ehemaliger Geschäftsführer der Kleinmachnower Gewog, plädierte für eine Änderung der Förderpolitik, um auch private Investoren anzusprechen. Denn aktuelle Förderinstrumente bieten keine Anreize. Ebenso müssten die Vergabeverfahren entrümpelt werden, um schneller bauen zu können. Derzeit dauerten die Vorbereitungen für einen Bau noch immer ein Dreivierteljahr, während der Bau selbst nach drei Monaten stehe, so Fischer.
Konsens gab es in allen Arbeitsgruppen dazu, dass neben Deutschkenntnissen auch die eigene Wohnung ein wichtiger Schritt für Flüchtlinge sei, um sich zu integrieren. Dennoch sei in dieser Phase oftmals noch Hilfe nötig, wie Gabriela Schrader, Leiterin der Flüchtlingsunterkunft in Beelitz-Schönefeld, berichtete. Dass sie ihre Kinder täglich um acht zur Schule schicken müssen, verstehen nicht alle Eltern gleichermaßen. Zurzeit leben 71 Flüchtlinge in dem Heim und täglich bewegt sich Schrader zwischen Fordern und Fördern, dem Leitgedanken des neuen Integrationsgesetzes – und erlebt dabei auch manche Überraschung. So sei nicht jeder, der sich weigere am Deutschkurs teilzunehmen, unfähig sich zu integrieren, hat sie erfahren. Ein junger Mann, der bereits fließend Englisch und Französisch sprach, hatte sich in nur einem halben Jahr selbst Deutsch beigebracht. Keinem fiel das auf, auch nicht, dass er in der gleichen Zeit erfolgreich einen Job und eine Wohnung suchte, erzählt Schrader. Jetzt arbeite er in einem Hotel als Dolmetscher.
Kirsten Graulich
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