Von Hagen Ludwig: 30 Kilometer Radler-Traum an der Havel
Mit dem Fahrrad von Werder nach Brandenburg – ein Testbericht mit Blick nach links und rechts
Stand:
Potsdam-Mittelmark - 4,5 Millionen Euro hat der Bau des 30 Kilometer langen Abschnitts des Havel-Radweges zwischen Phöben und der Stadtgrenze von Brandenburg nahe Gollwitz gekostet. 30 Prozent kamen aus dem Haushalt des Landkreises Potsdam-Mittelmark. Hat sich die Investition bereits ausgezahlt, wollten die PNN wissen und starteten jetzt zu einer Testfahrt. Die führte vom Bahnhof Werder (Havel) etwa 50 Kilometer bis Brandenburg-Hauptbahnhof – ein gemütlicher Tagesausflug.
Das Fazit vorweg: Die Neubaustrecke zwischen Phöben und Gollwitz ist ein Radler-Traum. Glatter Asphalt, der auch zum Skaten einlädt, eingebettet in die wunderschöne Havellandschaft. Erhebliche Defizite gibt es noch links und rechts der Route sowie auf den Anschlussstrecken.
Der Ärger beginnt am Bahnhof Werder (Havel). Auf dem Vorplatz findet der Radler ein vorbildliches Hinweisschild auf den ebenfalls neuen Panoramaweg Werderobst nebst Infotafel. Genau dort müsste es auch einen Hinweis auf den Havel-Radweg geben. Auch auf dem Stadtplan ist er noch nicht eingezeichnet. Ratsuchend stehen Radler aus Süddeutschland bereits an der ersten Kreuzung und sind dankbar für jeden Tipp: „Richtung Phöben über den Bahnübergang geht es bis zu den Havelauen.“ Dort steht an der Otto-Lilienthal-Straße der erste von vielen einheitlich gestalteten Wegweisern entlang des Havel-Radweges. Durch die Havelauen geht es schnell zum Zweiradmuseum – ein erster lohnenswerter Stopp. Dann führt der Weg wieder zur Landesstraße, die wir etwa einen Kilometer weit in Richtung Phöben nutzen müssen – das macht wenig Spaß, ist aber schnell vorbei.
In Phöben fühlt man sich sofort wie im Urlaub. Erstmals gibt es einen freien Blick auf die Havel, einen kleinen Rast- und Spielplatz direkt am Wasser und den Bootsausleih von Reiner Tanz. Er bietet einen besonderen Service: die sogenannte Bootskurzmiete, um mit einem Ruderboot zwischen Phöben und Töplitz überzusetzen. Für zwei Personen mit Fahrrad kostet die einfache Fahrt 5 Euro. Auf der anderen Seite der Havel gibt es Anschluss an die Rundtour „Kirscheninsel Töplitz“ – eine schöne Alternativroute. Wer auf Töplitzer Seite steht, kann den Bootsservice bei Reiner Tanz auch kurzfristig per Telefon bestellen (03327/730847). Direkt am Havel-Radweg liegen die verlassenen Gebäude der Gaststätte „Alter Krug“, einst Kulturhaus des Schaltgerätewerkes Werder. Hier wäre eine Pause nicht schlecht gewesen. Wir fahren weiter an Phöbener Reiterhöfen vorbei bis der neue Havel-Radweg auf dem Deich mit schönen Ausblicken zur Fähre Ketzin führt. Von hier aus sind es noch 32 Kilometer bis Brandenburg/Havel. Die Asphaltpiste schlängelt sich am Ufer des Trebelsees bis zur Deponie Deetz, die im weiten Rund zu umfahren ist. Die Deponie ist rekultiviert und sieht schon fast aus wie eine natürliche Hügellandschaft. Nach Schmergow ist es nur ein Katzensprung. Dort gibt es die Gaststätte „Zum fröhlichen Landmann“ mit Mittagstisch. Vorbei an Sauerkirschplantagen über sanfte Berge gelangen wir nach Deetz, wo wir an einer Badestelle in die Havel springen. Dann tangiert die Strecke die Erdelöcher, eine verwunschen wirkende, reich begrünte Teichlandschaft, die einst durch den Tonabbau für zahlreiche Ziegeleien entstanden ist. Auch hier kann noch einmal gebadet werden. Viele Fahrräder stehen bereits vor der Gaststätte „Havelstübchen“ direkt am Wege – die letzte Gelegenheit zur Einkehr vor Brandenburg (Havel). 300 Meter abseits der Route gibt es das Feriencamp Götzer Berge. Hier werden Getränke und Imbiss angeboten. Ermüdete Radler können in Bungalows übernachten (Tel. 033207 / 30435).
Im Ortsteil Götzer Berge eine Enttäuschung: Das einst gut geführte Havel-Hotel mit Sommergarten und Wellness direkt am Havel-Radweg ist geschlossen und steht zum Verkauf. Schade, dass die Betreiber nicht durchgehalten haben. Ebenso traurig stimmen gleich daneben die leer stehenden Häuser des einstigen Bildungszentrums für Forstarbeiter. Vielleicht bringt der Havel-Radweg ja wieder neuen Schwung in den Ort – an landschaftlichen Reizen mangelt es nicht.
Weiter geht es Richtung Götz, dann biegt der Havel-Radweg nach rechts Richtung Gollwitz ab. Noch einmal schöne Blicke auf die Flusslandschaft – dann plötzlich ein Schild, das uns unvermittelt ankündigt: Ende des Rad- und Fußweges. Ende der 30 Kilometer langen Neubaustrecke. Was dann folgt, ist nur noch Pflicht und bisher noch der wunde Punkt der Tour: Im rechten Winkel nach links geht es auf einem Feldweg schlecht ausgeschildert nach Gollwitz. Von dort aus zum straßenbegleitenden Radweg an der B 1, dann parallel mit den Autoströmen zum Hauptbahnhof-Brandenburg. Von hier aus fährt der Regionalexpress 1 halbstündlich zurück nach Werder, Potsdam oder Berlin.
Wer nicht an die Bundesstraße will, verzichtet auf die letzten Kilometer Neubaustrecke und fährt gleich südlich in Richtung Götz weiter. Dort gibt es einen Landgasthof, und auch der Regionalexpress 1 hält im Ort – allerdings nur stündlich.
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