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Aus dem GERICHTSSAAL: 485 000 Euro im Kellerversteck?

Widersprüchliche Aussagen / Freispruch vom Diebstahlsvorwurf

Stand:

Michendorf · Wilhelmshorst - Werner W.* (67), Ex-Bauunternehmer aus Wilhelmshorst, hatte am 15. Februar 2004 Bekannte zum Sonntagsbrunch in sein Haus geladen. Unter den Gästen befanden sich auch die ehemalige Mitarbeiterin und Vertraute Sonja S.* (47) und ihr Sohn Simon* (25). Niemand nahm Anstoß daran, als sich der junge Mann für eine Stunde von der Tafel entfernte. Später stellten Werner W. und seine Lebensgefährtin fest, dass im Keller eine Tasche mit 485 000 Euro fehlte.

Da sich auf der Treppe verräterische Schuhabdrücke abzeichneten, kam für das Paar nur Simon S. als Dieb in Frage. Statt die Polizei umgehend über den Verlust zu informieren, ermittelte Werner W. auf eigene Faust. Er beschuldigte Sonja S., ihrem Sohn vom Kellerversteck erzählt und ihn angestiftet zu haben. „Sie sagte, sie glaube auch, dass Simon das Geld gestohlen habe. Allerdings könne sie ihn nicht zur Rede stellen, da er verschwunden sei“, erzählte der Rentner vor dem Schöffengericht. „Sie versprach aber, die Summe wiederzubeschaffen. Als kleine Wiedergutmachung hat sie mir erstmal 10 000 Euro gegeben.“ Als allerdings kein weiterer Cent floss, schaltete der Mann die Ermittler ein. Doch inzwischen waren sechs Wochen vergangen, etwaige Spuren längst beseitigt.

Simon S. auf der Anklagebank schwieg zum Anklagevorwurf. Seine Mutter – sie wird der Hehlerei bezichtigt, soll einen vom Sohn mit 35 000 Euro Beutegeld gekauften BMW genutzt haben – äußerte sich ebenfalls nicht. Aussagen von Werner W. und seiner Partnerin zum Aufbewahrungsort der Geldtasche und dem Entdecken von deren Fehlen stimmten nicht überein. Ein als Zeuge geladener Polizeibeamter der Wache Beelitz erinnerte sich, Sonja S. habe bei ihrer Vernehmung geäußert, sie vermute, ihr Sohn habe das Geld genommen. „Er war zu dieser Zeit im Ausland, rief seine Mutter öfter an und sagte, da wo er jetzt sei, könne er gut leben.“ Simon S. habe Angst gehabt zurückzukommen, da Werner W. gedroht habe, ihn umzubringen, falls er ihn in die Hände kriege, so der Polizeibeamte.

Der von seiner Schweigepflicht entbundene Steuerberater offenbarte dem Gericht, dass in der Firma von Werner W. große Jahresgewinne erzielt wurden. Er berichtete aber auch, der vermeintlich Geprellte habe alle Konten abgeräumt, um eine drohende Vollstreckung durch das Finanzamt zu vereiteln. „Früher führte seine Partnerin die Firma. Aus dieser Zeit gab es erhebliche Steuerschulden. Die sind inzwischen ausgeglichen.“

„Mein Mandant war 14 Monate in Thailand. Er hat dort einen Internethandel betrieben, mit dem er gut verdiente. Und den BMW hat er sich von Ersparnissen und einer Erbvorauszahlung seines Vaters gekauft“, warf der Verteidiger von Simon S. ein. Der Anwalt von Sonja S. vermutetete, der Ex-Unternehmer habe sich den Gelddiebstahl ausgedacht. „Hat es die Tasche mit den 485 000 Euro wirklich gegeben? Wenn ja, wer beweist, dass sie der Angeklagte tatsächlich genommen hat?“, fragte der Staatsanwalt und beantragte, Simon S. freizusprechen.

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Constanze Rammoser-Bode folgte diesem Antrag, hob zugleich den Haftbefehl gegen den jungen Mann auf. Auch seine Mutter verließ den Gerichtssaal als freie Frau. (*Namen geändert.) Hoga

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