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Potsdam-Mittelmark: 500 Euro für illegalen Abriss

Werderaner Wasserturm für Lidl plattgemacht / Verfahren wegen geringer Schuld eingestellt

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Werderaner Wasserturm für Lidl plattgemacht / Verfahren wegen geringer Schuld eingestellt Von Gabriele Hohenstein Werder/Potsdam. Schneller als gedacht – nämlich mit einer Einstellung des Verfahrens wegen geringer Schuld und Zahlung einer Geldbuße von 500 Euro – endete die gestrige Verhandlung gegen Otto P. (43) vor dem Amtsgericht. Die Staatsanwaltschaft warf dem Abriss-Unternehmer aus dem Alt-Bundesgebiet vor, zwischen dem 23. und 26. September 2002 den auf dem Gelände der Berliner Straße 88 in Werder thronenden, unter Denkmalschutz stehenden, Wasserturm der um 1850 erbauten Villa des einstigen Ziegeleibesitzers Hintze ohne Genehmigung platt gemacht zu haben. „Mir wurde gesagt, der Turm solle erst noch unter Denkmalschutz gestellt werden“, erklärte der Angeklagte. Als seine Männer mit der Abrissbirne anrückten, sei allerdings keine Rede davon gewesen, das Bauwerk zu erhalten. Er habe seinem Verhandlungspartner Herrn B. ein telefonisches Kostenangebot von 41 000 Euro unterbreitet. Dafür – so Otto P. – wollte seine Firma sämtliche auf dem Areal stehenden Bauten abreißen, um Platz für einen Lidl-Markt zu schaffen. Welche Funktion der ominöse Herr B. bekleidete, vermochte der gelernte Landwirt auf der Anklagebank nicht so recht zu beantworten. „Ich denke, er war eventuell ein Manager des Projektes, das da entstehen sollte“, vermutete Otto P. auf die Frage von Amtsrichterin Waltraud Heep. Er habe sich das Grundstück vor Beginn der Abrissarbeiten gemeinsam mit Herrn B. angeschaut. Da sei keine Rede davon gewesen, dass der Turm der im italienischen Stil erbauten Villa eines Persius-Schülers stehenbleiben sollte. Nein, schriftliche Unterlagen gäbe es nicht. „Mir wurde nur gesagt, alles soll weg“, behauptete der Angeklagte. Und es sollte möglichst schnell gehen. Im September 2002 hätten dann die Abrissarbeiten begonnen, berichtete Otto P. Nachdem der Turm am 24. September zu Boden ging, sei Herr B. plötzlich mit Planungsunterlagen erschienen. Selbige hätten das Bauwerk , das genau da stand, wo die Lieferfahrzeuge des geplanten Lidl-Marktes zur Warenanlieferung halten sollten, als erhaltenswert hervorgehoben. Die Vorsitzende konnte sich nur wundern. „Laut Aktenlage erklärte die Hausbetreuungs-GmbH aus Buxtehude in einer staatsanwaltlichen Stellungnahme, sie ausdrücklich darauf hingewiesen zu haben, besondere Schutzmaßnahmen zur Erhaltung des Wasserturms einzuleiten. Wie ich sehe, ist ihnen der Turm geradezu ans Herz gelegt worden.“ Doch Otto P. kannte laut eigener Aussage weder die Unterzeichner besagten Schriftstücks noch Ziffer 22 der Abbruchgenehmigung, wonach der Turm unter allen Umständen stehenbleiben sollte. Aus den Gerichtsakten ebenfalls ersichtlich: Monika Karstaedt von der Denkmalschutzbehörde des Kreises stellte fest, das bereits im Mai 2001 unter Denkmalschutz gestellte Bauwerk sei nicht als erhaltenswert in die Planungsunterlagen für Lidl eingezeichnet worden. „Welches Motiv sollte der Angeklagte gehabt haben, den Turm umzulegen?“ überlegte die Vorsitzende laut. Über die Motive der anderen, ihn stillschweigend verschwinden zu lassen, dürfe man getrost spekulieren. Fazit: Ein denkmalgeschütztes Bauwerk wurde dem Erdboden gleichgemacht. Mit Otto P. saß augenscheinlich das schwächste Glied einer Kette von Leuten welcher Coleur auch immer auf der Anklagebank. „Das Interesse am Plattmachen des Turms lag eindeutig auf der Investorenseite“, führte der Verteidiger aus. „Dazu hat man sich des Unternehmens meines Mandanten bedient.“

Gabriele Hohenstein

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