Von Henry Klix: 56 Euro für Urkunden-Schmu
Hausdurchsuchung in Geltow: Verlagsgesellschaft kassierte Firmen mit „Gründerbrief“ ab
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Schwielowsee / Potsdam - Ein „stilvolles Accessoire“ sollten sie sein, um die Räumlichkeiten des frisch gegründeten Unternehmens hübsch „auszugestalten“. Die „Verlagsgesellschaft deutscher Unternehmensgründer UG“ aus Geltow hat hunderte sogenannter „Gründerbriefe“ an Firmengründer in ganz Deutschland verschickt – für die meisten Adressaten nicht mehr als sinnloser Kitsch. Für die schlichten und nicht bestellten Drucke wurden allerdings 56 Euro kassiert – per Nachnahme. Die Anschriften hatte sich die „Verlagsgesellschaft“ aus dem Handelsregister gezogen. Gestern platzte die perfide Geschäftsidee: Beamte des Landeskriminalamtes durchsuchten die Geschäfts- und Privaträume des Firmeninhabers Oliver S. in der Hauffstraße. „Es läuft ein Verfahren wegen gewerbsmäßigen Betrugs in mindestens 60 Fällen“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Rolf Roggenbuck, gegenüber den PNN.
Die meisten der angeschriebenen Gründer seien auf die Masche hereingefallen und zahlten die Nachnahmegebühr. In den Gründerbriefen konnten sie dann in feierlichen Wendungen nachlesen, dass ihre Firma beim Amtsgericht „amtlich registriert wurde“. Das freilich hat das Amtsgericht dem Firmengründer bereits selbst auf echten Amtsschreiben bescheinigt. Durch den Bundesadler unter der Urkunde sollte offenbar der Anschein eines behördlichen Schreibens erweckt werden, so Roggenbuck. Der Strafrahmen für gewerbsmäßigen Betrug liege bei sechs Monaten bis zehn Jahren Gefängnis. Oliver S. sei bis auf ein Straßenverkehrsdelikt strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten.
„Mit unseren Druckerzeugnissen sind wir bestrebt, jungen Unternehmen eine repräsentative Möglichkeit zu bieten, ihr Unternehmen stilgerecht zu präsentieren“, hieß es in den Begleitschreiben. Ihr Urheber ist sich keiner Schuld bewusst: 2000 der Gründerbriefe habe er verschickt, bei der Versendung seien „Fehler passiert“, wie Oliver S. auf PNN-Anfrage gestern immerhin einräumte. „Eine strafbare Handlung hatte ich aber nicht vor.“ Bei den meisten Reklamationen habe er das Geld zurückerstattet. „Die Meister haben ihren Meisterbrief. Der Gedanke war, Kaufleuten eine ähnliche Urkunde zukommen zu lassen“, so Oliver S.. Er habe vor, die Idee „in veränderter Form“ weiterzuverfolgen.
„Die Unternehmen sind die Triebfeder der Wirtschaft“, heißt es auf dem Gründerbrief blumig. Die ersten dieser in Fraktur verfassten Urkunden wurden im November versandt. Der „Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität“, eine Art Verbraucherschutzzentrale der Industrie- und Handelskammern, war vor dem Jahreswechsel darauf aufmerksam geworden, sagte Peter Solf, Mitglied der Verbands-Geschäftsführung, gegenüber den PNN. Die Geltower Verlagsgesellschaft sei abgemahnt worden, zehn Beschwerden wurden an die Potsdamer Staatsanwaltschaft weitergereicht. „In dieser Form ist uns das schon lange nicht mehr untergekommen“, so Solf. „Das ist nichts anderes, als Gründern komplett überflüssige Leistungen aufzudrängen.“
Er empfiehlt Unternehmen, grundsätzlich keine Nachnahmesendungen anzunehmen, wenn sie die Absender nicht kennen. „Gemeinhin weiß man, wo man etwas bestellt hat.“ Von Oliver S. geprellte Firmen sollten ihr Geld zurückverlangen – notfalls per Anwalt. Solf bestätigte: „Das soll schon Erfolg gehabt haben.“
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