
© Tobias Reichelt
Potsdam-Mittelmark: Abgewrackt und zugesperrt
Teltows letzte Fahrradwerkstatt schließt. Dabei hat das Rathaus noch vier Prämien zu vergeben
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Teltow - Da waren es nur noch vier. Holm Roloff zuckt mit den Schultern. Noch vier Fahrrad-Abwrackprämien warten im Teltower Rathaus auf ihre Empfänger. „Gelohnt hat sich das Geschäft damit nicht“, sagt der letzte Fach-Fahrradhändler in der Stadt. Vor dreieinhalb Jahren war es losgegangen: 100 Prämien sollte es geben, 50 Euro beim Tausch von alt gegen neu. Zeitungen berichteten, Radiosender interviewten ihn und das Fernsehen war da. Lang ist es her und bis heute ist noch Abwrackprämie da. „Die Stadt sollte lieber was für die Radwege tun, das ist wichtiger“, zieht Roloff sein Fazit. Auf die letzten vier Glücklichen warten will der Händler nicht: Ende März wird er seine Fahrradwerkstatt schließen.
Ein platter Reifen, verbogene Speichen, ein Rattern beim Schalten – Teltows Radler werden bei Problemen an ihren Drahteseln künftig längere Wege in Kauf nehmen müssen. Am 28. März wird Holm Roloff den „Fahrradladen in Teltow“ schließen, eine Alternative gibt es in der Stadt nicht. Nur noch in dieser Woche nimmt er Reparaturen an. Ein Nachfolger ist bislang nicht gefunden.
Über 18 Jahre lang hat der 49-Jährige in der Potsdamer Straße im Haus einer früheren Bäckerei neue Drahtesel verkauft und alte wieder in Schuss gebracht. Er war der Fahrradhändler, der wohl am meisten von der Abwrackprämie der Stadt für alte Räder profitiert hatte, denn Super- und Baumärkte waren nie so richtig auf die Aktion eingestiegen. Roloff hingegen hatte in großen Lettern an seinen Schaufenstern und mit vielen Werbezetteln für die Prämie geworben.
Trotzdem blieb der erhoffte Ansturm auf die Fahrradprämie aus, das sagt auch Stadtsprecherin Andrea Neumann. Zwar sei die Aktion im Sinne der Förderung des Radverkehrs eine gute Idee gewesen, nur funktioniert habe sie nicht so gut. Man freue sich aber über jeden der inzwischen 96 Teltower, die sich seit Oktober 2009 dank der Prämie ein neues Fahrrad angeschafft haben. „Schließlich ist dies gleichbedeutend damit, dass sich diese damit auf lokaler Ebene ökologisch fortbewegen“, erklärte Neumann auf Anfrage gegenüber den PNN. Die 50 Euro habe man gern zur Verfügung gestellt. Sicher würden in den kommenden Wochen auch die letzten Prämien vergeben.
Die Regeln dafür sind noch immer gleich: Den Bonus erhalten Teltower, die sich in der Stadt ein neues Fahrrad kaufen und anschließend den alten Drahtesel beim Bürgerservice im Rathaus abgeben. Vorzuweisen ist neben dem Kaufbeleg auch der Personalausweis. Eine Bedingung ist: Das neue Gefährt muss ein City-, Trekking- oder Kinderrad sein.
Initiiert hatte die Fahrradprämie eine Initiative der Fraktionen von SPD, Linken und Grünen. Erklärte Ziele waren bessere Luft in der Stadt und weniger Autoverkehr. Deshalb wurden die alten Räder auch nicht entsorgt, sondern im Sinne einer sinnvollen, sozialen und ökologischen Weiternutzung der Union Sozialer Einrichtungen gespendet.
Fahrradhändler Roloff will seine übrigen Bestände an einen Restpostenhändler verkaufen. „Am 28. März drehe ich hier den Schlüssel um“, sagt er. Künftig wird er in Bayern für einen Großhändler arbeiten. Die Abwrackprämie wird dann kein Thema mehr sein. Tobias Reichelt
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