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Potsdam-Mittelmark: Abkehr vom Runden Tisch

Stadt Teltow geht auf Konfrontationskurs mit Seehof-Erben – zur Freude der örtlichen Bürgerinitiative

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Teltow - Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) hat in den vergangenen Tagen Post bekommen. Das dürfte in seiner Position nichts ungewöhnliches sein. Bemerkenswert ist vielmehr das Interesse der Absender, dass der Inhalt der Briefe auch öffentlich wird. Geschrieben hat dem Stadtoberhaupt zum einen die Bürgerinitiative „Wir in Seehof“ (BiWiS). Zum anderen wandten sich die Sabersky-Erben Peter und Valerie Sonnenthal an den Bürgermeister.

Die BiWiS-Zeilen werden dem Bürgermeister geschmeichelt haben. Es ist der Bürgerinitiative ein „ehrliches Bedürfnis“ gewesen, Schmidt „nochmals herzlich zu danken“ für seinen Einsatz um den Erhalt der Wald- und Grünflächen in Teltow-Seehof. Dort hat nach 15-jährigem Rechtsstreit die jüdische Sabersky-Erbengemeinschaft hunderte Grundstücke zurückbekommen. Auf der Nordseite der Lichterfelder Allee – die Seehofer Magistrale trennt den Ortsteil in zwei Teile – bekamen die Sonnenthal Geschwister etwa 160 Grundstücke restituiert. Nicht lange nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes präsentierte Peter Sonnenthal ein städtebauliches Konzept zur Entwicklung des Bereichs nördlich der Lichterfelder Allee.

Ohne Zweifel: Die skizzierten Pläne gaben dem Ortsteil ein neues Gesicht. Sonnenthal fühlte sich berufen fortzusetzen, was seine Vorfahren vorhatten, aber nie umsetzen konnten: parzellieren, bauen, verkaufen. Doch die Pläne haben auch etwas anderes bewirkt: die Sorge der BiWiS und anderer Teltower, die beschauliche Siedlungsstruktur sowie Wald- und Grünflächen zu verlieren.

An einem Runden Tisch wollte man sich näher gekommen. Ohne anzuecken wollte man ein Kompromiss finden, wie Teltow-Seehof gestaltet werden kann. Bürgermeister Schmidt lud im Juni des Vorjahres Peter Sonnenthal, Stadtpolitiker und BiWiS-Vertreter zu einem ersten Gespräch. Nach anfänglichen Schwierigkeiten einigten sich die Parteien in weiteren Treffen darauf, für die Entwicklung Seehofs nördlich der Lichterfelder Allee einen Bebauungsplan aufzustellen.

Umfang, Maß, Art und Weise einer künftigen Bebauung hätten für beide Seiten – Stadt und Sonnenthals – verbindlich geklärt werden können. Und: Sonnenthal willigte ein, dass umstrittene Flächen wie der Waldstreifen entlang der Lichterfelder Allee nicht Inhalt des Bebauungsplanes werden. Diese Parzellen sollten unabhängig von dem Planwerk bewertet werden, wobei Sonnenthal davon ausgeht, dass sie künftig als Bauland auszuweisen sind, während die Stadt und die BiWiS sie als Grünfläche erhalten wollen. Um das zu erreichen, hat die Stadt sogar gegen die vom Bundesverwaltungsgericht angeordnete Restitution des Grünlandes Klage eingereicht.

Auch für die übrigen Bereichen bevorzugt die Stadt inzwischen wieder den Konfrontationskurs: Vor ein paar Wochen informierte Bürgermeister Schmidt per Post Sonnenthals Anwalt Robert Unger, dass man den Runden Tisch bis auf weiteres nicht brauche und auch ein B-Plan-Entwurf als nicht mehr erforderlich gesehen werde. Die geltenen Regelungen aus dem Baugesetzbuch seien absolut ausreichend, so Schmidts Einschätzung, die er sich vom Ältestenrat des Stadtparlaments absegnen ließ.

Noch immer wartet Unger auf eine Begründung für die plötzliche Kehrtwende des Bürgermeisters. „Warum hat die Stadt denn überhaupt erst mit einem B-Plan angefangen?“ Der Verzicht auf einen B-Plan bedeute für die Stadt, für Sonnenthal und künftige Bauherren weniger Planungssicherheit. Nun müsse jedes einzelne Bauvorhaben abgewogen werden. Klar ist auch: Ein rechtsgültiger B-Plan hätte die Verwertung der Grundstücke einfacher gemacht. Schmidt rechtfertigt sein Vorgehen – Klage sowie B-Plan-Verzicht – mit dem Schutz städtischer Interessen. Sonnenthal sieht das anders: Nach NS-Vertreibung, Enteignung und 15 Jahren Rechtsstreit fühlt er sich nach wie vor genötigt, um die freie Verfügbarkeit seines Erbes zu kämpfen.

Während die BiWiS Bürgermeister Schmidt ermuntert, den Klageweg zu beschreiten, dürfte ihn der Brief von Sonnenthal-Anwalt Unger nachdenklich stimmen: „Die Klagen der Stadt werden keinen Erfolg haben, viel Zeit und Geld kosten und zu einer Stagnation der städtebaulichen Entwicklung von Teltow führen“, prophezeit der Jurist. Dies könne weder im Interesse der Stadt, noch im mehrheitlichen Interesse der Teltower sein.

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