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Potsdam-Mittelmark: Achsbruch an der Baumgartenbrücke

Unterschrifteninitiative sieht durch Bauvorhaben in Geltow Tor zur Kulturlandschaft verstellt

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Unterschrifteninitiative sieht durch Bauvorhaben in Geltow Tor zur Kulturlandschaft verstellt Von Henry Klix Schwielowsee · Geltow - Erich Mummelthey bringt so schnell nichts auf die Palme. Doch wenn der Geltower Baumschutzbeauftragte an ein aktuelles Bauvorhaben denkt, wird er sauer: Am Parkplatz Baumgartenbrücke sollen noch dieses Jahr ein Auto- und Bootsverkauf entstehen. Vor dem Franzensberg würden die zwei Verkaufshallen an der B1 einenRiegel in die Landschaft schieben – die 35 Meter breite und 7 Meter hohe Bootshalle sei fast so groß wie ein Supermarkt. Mit dem Brückenpark auf der anderen Straßenseite hat es der Gartenarchitekt nach der Wende verstanden, eine Bebauung zwischen Franzensberg und Havel teils zu verhindern. Nun solle die schon von Lenné gezeichnete grüne Achse endgültig Vergangenheit werden, „nur um per Grundstücksverkauf ein paar Euro in die Gemeindekasse zu spülen“, fürchtet Mummelthey.„Obwohl sich das Ganze im Landschaftsschutzgebiet und Außenbereich befindet, hat man versucht, die Sache im stillen Kämmerlein durchzuboxen.“ Auf einen Bebauungsplanverfahren mit Bürgerbeteiligung verzichtete die Gemeinde, die Öffentlichkeit sei „ausmanövriert“ worden. Mummelthey hat es zufällig erfahren – und mit einer Initiative 313 Unterschriften Geltower Bürger gesammelt, darunter die von Ex-Umweltstaatssekretär Friedhelm Schmitz-Jersch. Der gesamte Umweltausschuss der früheren Gemeinde Geltow habe unterzeichnet – acht ausgewiesenen Fachleute für die regionalen Verhältnisse. „Wir haben an den Haustüren auch nach Fürsprechern gefragt – es gab nur vier.“ Jetzt wird sogar über eine Klage nachgedacht. Auch der Eigentümer des Carlsturms, der Architekt und Lufthansa-Flieger Florian Amon, ist verärgert. „Das Entree zur Kulturlandschaft der Insel Potsdam sowie lokale Sichtbeziehungen werden gestört, wenn nicht zerstört“, hat er an Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) geschrieben. Der Carlsturm sei Aussichts- und Ansichtspunkt zugleich. Mit der geplanten Freistellung des 1871 gebauten Turms in der Sichtachse zur Dorfkirche sollte das wieder ins Bewusstsein rücken. „Das Vorhaben Autocenter/Bootscenter liegt direkt in dieser historischen Achse.“ An sich sollte der Turm nach seiner Sanierung an besonderen Tagen zugänglich werden. Nach dem Wegzug des Tierparks vom Franzensberg könnte rundum ein Landschaftspark entstehen. „Sollte der Boots- und Autoverkauf umgesetzt werden, muss ich das als Desinteresse am Carlsturm werten und meine Bereitschaft zur Turmöffnung widerrufen“, so Amon. Beim Geltower Mazda-Autohaus Sakowski sieht man die Sache anders. Die Flächen werden für den Gebrauchtwagenhandel benötigt, am ein paar Dutzend Meter entfernten Standort Hauffstraße wird es zu eng. Gerlinde Sakowski argumentiert auch mit zwei neuen Arbeitsplätzen. „Der exponierten Lage sind wir uns bewusst, das wird auch kein Gebrauchtwagenhandel im üblichen Sinne.“ Vielmehr werde ein dezentes, holzverkleidetes Gebäude entstehen, viele Bäume blieben stehen. „Und schließlich sind wir auch ein Gewerbesteuerzahler.“ Bootshändler Frank Schaper aus Glindow (Porta Helena) will mit seinem „Bootscenter an der B1“ ebenfalls expandieren und drei Arbeitsplätze schaffen. Er setze auf den florierenden Wassertourismus und wolle neben dem Boots- und Zubehörverkauf auch eine Bootsvermietung einrichten. „Wir werden viele Auflagen erfüllen, um uns an die Umgebung anzupassen“, sagt Schaper. Das Gebäude werde parkähnlich eingefasst, einen maritimen Charakter wünscht er sich für den Neubau. An Besucherparkplätze für den Franzensberg sei auch gedacht. Der Protest sei ihm unerklärlich, sagt Schaper, über das wilde Gewerbe am Parkplatz habe sich nie jemand aufgeregt. „Es gibt zu viel Neid und Missgunst in Deutschland.“ Bürgermeisterin Hoppe sieht es ähnlich. „Wir müssen aufpassen, dass nicht Privatinteressen in den Vordergrund rücken, wenn wir über die Zukunft der Gemeinde sprechen.“ Durch 300 Unterschriften seien kaum 10 Prozent der Geltower repräsentiert. „Dem stehen viele Unterstützer gegenüber.“ Die Gewerbetreibenden der Region sollten die Chance haben, sich zu entwickeln – Geltows Ortseingang sei geeignet. Sie sehe nicht, dass eine verwahrloste Brache das Tor zur Kulturlandschaft darstellt. Hoppe ist optimistisch, dass die Baugenehmigung jetzt erteilt wird – „in Partnerschaft mit dem Landkreis“. Vizelandrätin Ilsemarie Schulz (CDU) aus Caputh, die im September in Rente geht, steht hinter dem Projekt, wie es heißt. Gegner fürchten, dass mit den Bauten auch der Weg geebnet wird für einen nach der Wende hier geplanten Hotelmehrgeschosser.

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