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Potsdam-Mittelmark: Alle begeistert, trotzdem bewegt sich nichts

Wie die Kreisverwaltung seit drei Jahren die Entstehung eines Bauernmarktes in Langerwisch verhindert

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Wie die Kreisverwaltung seit drei Jahren die Entstehung eines Bauernmarktes in Langerwisch verhindert Von Henry Klix Langerwisch. Schwein am Spieß, frisch geräucherter Aal, Blumhagen-Wiesenkeramik, Kräuterheinrich und frisch gepresster Thierschmann-Apfelmost – so bunt und märkisch-duftig wie am kommenden Wochenende könnte es im Rosengut Langerwisch immer zugehen. Am Sonnabend (10 bis 18 Uhr) und Sonntag (10 bis 16 Uhr) wird ein Herbstfest gefeiert, mit Erzeugern aus der Region, mit allem, was die Mittelmark an Kulinarischem und Pflanzlichem zu bieten hat. 24 Verkaufsstände soll es geben, fast doppelt so viele hat Rosengut-Geschäftsführer Gerhard Bräutigam für sein Projekt eines „Ländlichen Erzeuger- und Erlebnismarktes“ an der Hand. Den ganzen ländlichen Raum und die Gemeinde Langerwisch konnte er für sein Projekt begeistern, all die Agrarbetriebe der Region, denen wegen ihrer Betriebsgröße der Sprung in die großen Handelsketten nicht gelingt. Mit der Wittbrietzen GbR und der Agro Saarmund wurde eine Betreibergesellschaft gegründet. Eine Million Euro soll investiert werden. Selbst Agrarminister Wolfgang Birthler (SPD) hat Bräutigam per Handschlag seine volle Unterstützung zugesagt. Nur die mittelmärkische Kreisverwaltung traut sich partout nicht an das Vorhaben heran. Nur so kann Gerhard Bräutigam deuten, was sich in den vergangenen drei Jahren – so lange bemüht er sich um das Projekt – zwischen ihm und dem Landratsamt abspielte. „Ich habe bisher immer nur gehört, was nicht geht. Aber wie es funktionieren kann, hat mir noch niemand gesagt“, wundert er sich. Jüngster Gipfelpunkt des Verfahrens ist ein Schreiben von Landrat Lothar Koch (SPD) an die PDS-Kreistagsabgeordnete Annemarie Kersten, die anfragte, wann es endlich losgeht mit dem von allen gewollten Bauernmarkt. „Ich kann Ihnen versichern, dass meine Mitarbeiter Herrn Bräutigam im Rahmen des Möglichen bei der Realisierung des Vorhabens unterstützen werden“, so der Landrat. „Dies setzt jedoch voraus, dass Herr Bräutigam sich überhaupt mit der Landkreisverwaltung in Verbindung setzt.“ In Bräutigams Ohren klingen die Worte wie Hohn: 70000 Euro hat er bereits in seine Planungen und Bearbeitungsgebühren des Kreises investiert. Auf anderthalb Seiten stellte er nun zusammen, was er unternommen hat, um den Bauernmarkt in die Tat umzusetzen. Drei verschiedene Projektvarianten legte er beim Kreis vor – alle wurden vom Schreibtisch aus abgelehnt, „ohne dass jemals jemand vor Ort war und sich mal angesehen hat, was machbar ist“. Projektidee Nummer 1: Bräutigam will eines seiner großen Gewächshäuser zum lichten Markt umbauen. Doch der Kreis fordert „mehr Toiletten als Marktstände“, zusätzliche Stützpfeiler, damit das Dach (trotz Heizstäben an der Decke) eine Schneelast von 75 Kilogramm pro Quadratmeter halten kann, zwei Notausgänge pro Verkaufshütte, eine Brandschutz-Einhausung der Metallpfeiler Die avisierten Baukosten hätten sich mehr als verdoppelt. Versuch Nummer 2: Bräutigam geht auf Nummer sicher – mit einem bereits bestehenden, genehmigten Gebäude. Er plant den Kauf der Markthalle des Buga-Bauern- und Erlebnismarktes, die nach Abschluss der Potsdamer Buga nicht mehr gebraucht wird. Am Tag der Unterzeichnung des Kaufvertrags dann die Hiobsbotschaft: Die Belziger Bauaufsicht will eine komplette Wärmeisolierung der Holzhalle, „obwohl ich nur in der warmen Jahreszeit öffnen wollte“. Anderenfalls sei nur eine Zulassung für drei Monate möglich gewesen. Er könne die Halle aber auch alle drei Monate abbauen, um dann eine erneute Zulassung zu beantragen, sei ihm gesagt worden. Es folgte die dritte, bislang letzte Projektidee: Ein Neubau aus Holz und Glas auf einer Fläche mit minderwertigem Kiefernwald, die sich im Eigentum des Rosenguts befindet. „Das Forstamt war schon einverstanden, es hing nur noch an einer Fläche für Ersatzpflanzungen.“ Doch dann die ernüchternde Antwort der Belziger Bauaufsicht auf seine Bauvoranfrage: „Das geplante Vorhaben beeinträchtigt die natürliche Eigenart der Landschaft.“ Bräutigam wundert sich, wieso das beim Bau des Blumengroßmarktes auf der anderen Straßenseite nicht der Fall war. „Dort wurden 6 Hektar mit Eichenbeständen abgeholzt, bei mir geht es um 7000 Quadratmeter Kiefern.“ 2100 Euro Gebühren musste Bräutigam für die Absage berappen. Nachdem die PNN im Dezember 2001 erstmals und dann wiederholt von dem Behördenkrieg berichtet hatten, ist im März diesen Jahres auch der Vorsitzende des Wirtschaftsförderungsausschusses, Alfred Täufel (SPD) in der Presse auf das Thema aufmerksam geworden. Die Sache kam auf die Tagesordnung des Ausschusses, auch die PDS erhitzte sich daran. Ansich hatte Gerhard Bräutigam den Bauernmarkt schon als erledigt angesehen. Bis Landrat Koch als Gast des Ausschusses im Mai den Markt zur Chefsache erklärte. Doch seitdem, wundert sich Bräutigam, ruht der See. Bis auf das oben zitierte Antwortschreiben Kochs auf die Anfrage von Annemarie Kersten. „Bereits im Wirtschaftsausschuss wurde betont, dass Herr Bräutigam unbedingt bei der zuständigen Forstbehörde die erforderliche Waldumwandlungsgenehmigung beantragen müsse“, heißt es in dem Brief vom 20. August 2003. Am 2. August vorigen Jahres hat Bräutigam den Antrag gestellt. „Ich habe es jetzt langsam satt“, sagt er.

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