Aus dem GERICHTSSAAL: „Alle waren voller Jauche“
Mutter und Sohn nach Streit um falsch geparkten Jauchewagen wegen Körperverletzung angeklagt
Stand:
Werder (Havel) - Der Streit um einen vermeintlich falsch geparkten Jauchewagen endete am 6. März vorigen Jahres in Werder mit Bissen, Schlägen und Tritten der Kontrahenten. Jetzt gab es ein gerichtliches Nachspiel mit Mutter und Sohn auf der Anklagebank, den Nachbarn im Zuschauersaal und im Zeugenstand. Befriedigt nahmen sie zur Kenntnis, dass die Angeklagte Roswitha R.* (56) wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 450 Euro verurteilt wird. Sohn Ronny* (30) kommt mit einem Freispruch davon. Das Gericht unter Vorsitz von Constanze Rammoser-Bode ging in seinem Fall von Notwehr aus.
Der Jauchewagen habe sich auf der abschüssigen, unbefestigen Straße schon einmal selbstständig gemacht und seinen Zaun beschädigt, erzählt Ronny R. zu Prozessbeginn. Deshalb sei mit dem Abfuhrunternehmen eine alternative Route vereinbart worden, an die sich der Fahrer jedoch nicht gehalten habe. Das Fahrzeug habe sogar die Einfahrt seines Grundstücks versperrt. „Deshalb habe ich mich auf den Schlauch des Jauchewagens gestellt. Der Fahrer schubste mich hinunter. Es kam zum Handgemenge“, berichtet der Angeklagte. In diesem Moment seien sein Nachbar Willi W. und dessen Frau aufgetaucht. „Er griff mich an. Ich fiel zu Boden und landete mit dem Gesicht im Dreck, direkt zwischen den Rädern des Fahrzeugs, dessen Motor lief. Herr W. lag auf mir und hatte mich im Schwitzkasten.“ Da habe er ihn aus Panik ins Handgelenk gebissen. Als ihm seine Mutter zu Hilfe eilen wollte, habe Willi W. sie geschubst und geschlagen, so Ronny R., der wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung vorbestraft ist.
„Ich habe seine Faust ins Gesicht gekriegt“, erklärt Roswitha R. erbost. Durch den Schlag habe sie das Gleichgewicht verloren, sich auf der Straße wiedergefunden. „Willi W. hockte auf mir. Ich hatte den ganzen Mund voller Sand und kriegte keine Luft mehr. Da habe ich ihn vor Angst in die Wade gebissen.“
Nachbar Willi W. * (66) schildert den Vorfall anders. „Ich wollte mit Ronny R. vernünftig reden. Er sollte den Güllewagen-Fahrer seine Arbeit machen lassen. Aber er stürzte gleich auf mich zu. Als ich ihn abwehren und festhalten wollte, bis die Polizei kommt, biss er mich ins Handgelenk. Seine Mutter hat mich dann in den Unterschenkel gebissen.“
„Alle waren voller Jauche. Die 700 Euro teure Brille meines Mannes war weg“, erinnert sich Waltraud W.* (67) im Zeugenstand. „Ich rief die Polizei. Doch ehe die kam, hatte sich das Knäuel wieder aufgelöst.“
„Roswitha R. gebärdete sich wie eine Verrückte. Ich dachte schon, die beißt dem Willi die Hose kaputt“, berichtet Nachbar Klaus K.*( 65). „Ich wollte Willi beistehen, da trat mir Ronny R. mit voller Wucht in den Brustkorb und brach mir eine Rippe.“ Ein ärztliches Attest dazu gibt es in der Gerichtsakte jedoch nicht. Die Bisswunden hingegen sind belegt.
„Ein bisschen mehr Duldsamkeit von allen Seiten, und die Situation wäre nicht so eskaliert“, gibt die Richterin zu bedenken. Ronny R. habe sich zwar aggressiv verhalten, doch als er mit dem Kopf zwischen den Rädern des Güllewagens lag und zubiss, sei eine Notwehrsituation nicht auszuschließen. „Die Angeklagte Roswitha R. ging allerdings einen Schritt zu weit.“ (*Namen geändert) Hoga
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: