Potsdam-Mittelmark: „Alles auf den Tisch gepackt“
Achim Müller, neuer Präsident des DRK-Kreisverbandes Potsdam/Zauch-Belzig, über die schweren Vorwürfe gegen den Kreisverband und welche Konsequenzen daraus gezogen wurden
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Vor einem halben Jahr sind mit einer Strafanzeige Vorwürfe gegen den DRK-Kreisverband Potsdam/Zauch-Belzig laut geworden, weil ein Mitarbeiter der Rettungshundestaffel sein Dienstfahrzeug für Privatfahrten genutzt haben sollte. Spenden an bestimmte Einrichtungen sollten zudem in Prestigeprojekte geflossen sein. Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat die Ermittlungen eingestellt, weil die Vorwürfe falsch waren oder sich nicht belegen ließen (PNN berichteten). Dennoch hat der Kreisverband Vorstand und Präsidium ausgetauscht und Umstrukturierungen vorgenommen. Vor wenigen Wochen wurde Achim Müller zum neuen Präsident des Kreisverbandes gewählt.
Herr Müller, schwere Vorwürfe haben den DRK-Kreisverband in den vergangenen Monaten erschüttert, Zeitungen berichteten von Blaulichtfahrten ins Bordell. Strafrechtlich ist an den Vorwürfen nichts dran. Warum hat sich der Kreisverband trotzdem neu aufgestellt?
Die Verantwortlichen haben gesehen, dass bestimmte Vorwürfe mit ihren Namen verbunden waren, und sind zurückgetreten. Wenn Personen 20 Jahre in einer Funktion sind, gibt es eingefahrene Wege. Die Berichterstattung war für uns Anlass, uns selbstkritisch mit unserer Arbeit auseinanderzusetzten. Im Juni wurde bei einer Kreisversammlung alles auf den Tisch gepackt, was den Mitgliedern nicht gefällt. Dort wurden die Weichen für einen personellen und inhaltlichen Neuanfang gestellt, um den Kreisverband wieder stärker an den Bedürfnissen der Region auszurichten. Es ging vor allem um den Status der vielen Hundert Ehrenamtlichen des Kreisverbands.
Es hatte wegen der Vorwürfe, die ja aus dem Haus heraus kamen, viele Austritte von Mitgliedern gegeben. Was wird sich ändern, damit es wieder aufwärts geht?
Wir werden unserer Aufgabe als ehrenamtliches Präsidium und Aufsicht über den Vorstand in einer anderen Form gerecht. Bereits in den letzten acht Monaten gab es monatliche statt wie bisher jährliche Beratungen. Es wird regelmäßig auf den Wirtschaftsplan und jede Position geschaut. Wir schauen, mit welcher Konsequenz etwas gemacht werden kann und ob das zu verantworten ist. Wir setzen uns aktuell auch mit Fragen auseinander, um die wir bislang einen Bogen gemacht haben, etwa Rotes Kreuz und Flüchtlingsarbeit. Wir arbeiten sehr aktiv im Ausland zur Flüchtlingsproblematik, aber in Deutschland gibt es noch erhebliche Reserven.
Der DRK-Kreisverband ist in vielen sozialen Feldern engagiert, unterhält Rettungsdienste und ist in der Pflege tätig. Was wird sich im Arbeitsalltag ändern?
Es gab Konsequenzen auch im hauptberuflichen Bereich, zum Beispiel was das Controlling anbelangt. Ein Punkt war die Fahrzeugnutzung, die Führung der Fahrtenbücher. Ein zweiter Punkt war die Verwendung der finanziellen Mittel, eine größere Transparenz nicht als selbstverständlich zu sehen. Da sind wir auf einem guten Weg, sodass wir jedem, der für das DRK oder unseren Kreisverband spendet, ehrlichen Herzens versichern können, dass die Spende zweckentsprechend verwendet werden.
Wie war das bisher?
Bisher war die Regel: Wir bekommen eine Spende und können damit umgehen nach eigenem Ermessen. Jetzt werden wir aktiv in die Öffentlichkeit gehen und sagen: Wir sind jederzeit ansprechbar, das ist genau mit deiner Spende passiert und für diese Zwecke haben wir sie satzungsgemäß verwendet. Ab Januar werden wir dazu auch auf unserer neuen Website zeitnah und aktuell informieren.
Was war denn ursächlich für die Probleme?
Ich bin da sehr vorsichtig mit einer Bewertung, das ist vor meiner Zeit passiert. Aber ich darf Ihnen sagen, dass es da auch familiäre Verflechtungen gab und eine ganze Reihe von Wahrnehmungen im subjektiven Bereich, Neid, warum jemand bestimmte Funktionen hat und nicht ein anderer, ein vielfältiges Geflecht, mit dem wir uns weiter auseinandersetzen müssen. Dem wollen wir durch Transparenz die Grundlage entziehen und Indikatoren schaffen, um schnell bereit zu sein, bei Problemen Lösungen zu finden.
Das Interview führte Henry Klix
Achim Müller (63) ist neuer Präsident des DRK-Kreisverbands Potsdam/Zauch-Belzig. Der Potsdamer war viele Jahre im DRK-Generalsekretariat für das Katastrophenmanagement zuständig.
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