Potsdam-Mittelmark: Alte Recken und neue Gesichter
In Michendorf ist die Gemeindevertretung ein unübersichtlicher Haufen aus sieben Fraktionen. Mancher möchte das am 25. Mai gern ändern. Eine Analyse von Henry Klix
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Michendorf - Tiefe Gräben spalten Michendorf. Einer ist die Gemeindereform 2003, mit der die alte Garde bis heute kaum warm geworden ist. Ein anderer ist die neun Jahre alte, im Streit gebaute Ortsumgehung. Die Protagonisten von einst sind immer noch in der Gemeindevertretung dabei, das Rathaus bekommt das gelegentlich zu spüren. Und viele kandidieren wieder für die Kommunalwahl.
Michendorf prosperiert, Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft wachsen. Mit dem Personalausbau und der Infrastruktur gelangt die Speckgürtel-Gemeinde finanziell bisweilen an die Grenzen. Dennoch könnte man zufrieden sein. Doch ist da gelegentlich dieses Gefühl, dass in der Gemeindevertretung gleich der Boden aufreißt. Sieben Fraktionen gibt es, außerdem zwei Fraktionslose. Das wird sich bei der nächsten Wahl kaum ändern.
Es sei denn, der bemerkenswerte Wahlkampf der SPD hat Spuren hinterlassen. Oder die sachlich-vermittelnde Art des Bürgermeisters. Oder das pragmatische Agieren der Grünen, das manch alten Recken zum Einlenken bewegte. CDU und FBL/UWG, die Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU) bei einer Stichwahl vor drei Jahren ins Amt halfen, sind mit fünf und vier Mandaten am stärksten. Dennoch zieht man nicht immer an einem Strang.
Der Rest der 22 Sitze ist halbwegs gleichmäßig verteilt. Ein Bürgermeister ist in einem so unübersichtlichen Haufen nicht zu beneiden, doch Mirbach macht seinen Job, bietet mit seiner freundlichen Distanziertheit kaum Angriffsfläche, verzichtet am 25. Mai sogar darauf, sich um ein Mandat zu bewerben und geht Diskussionen zu einer Scheinkandidatur aus dem Weg. Er hofft wohl, dass es irgendwie hilft. Vielleicht liegt er nicht mal falsch.
Mirbach hat schon vor einem Amtsantritt die Moderatorenrolle geübt – als Vorsitzender der Gemeindevertretung. Sein Ruf hatte ihn in einer Stichwahl gegen den SPD-Bürgermeisterkandidaten gewinnen lassen, eine schmerzliche Niederlage für die Sozialdemokraten. Die Langerwischer Landtagsabgeordnete Susanne Melior hatte es zwei Jahre zuvor, trotz der Popularität in Michendorf, nicht geschafft, das Landtagsdirektmandat gegen Saskia Ludwig (CDU) zu erringen. Immer war es knapp.
Dann hatte die Michendorfer SPD-Fraktion auch noch Andrea Alms, langjährige Mitarbeiterin in Meliors Landtagsbüro, verloren, sie war wegen „persönlicher Differenzen“ aus der Partei ausgetreten. Die Fraktion schrumpfte auf zwei Leute. Das ist eine ganze Anzahl von Stichen in einer Gemeinde, aus der heraus Susanne Melior jetzt um ein EU-Parlamentsmandat ringt.
Ist das der Grund, dass der SPD-Ortsverband ein Staraufgebot an Entscheidungsträgern zum Bürgerdialog herbeiholte? Brandenburgs Bildungsministerin war da, der Innenminister, der Kulturstaatssekretär, alle im Zeitraum weniger Wahlkampfwochen. Und schließlich Bundesaußenminister Steinmeier: Über 100 Michendorfer hörten sich an, was er und Melior über die Ukraine und die Europäische Union zu sagen hatten. Das hat nur am Rande mit Kommunalpolitik zu tun, doch alle anderen Kräfte sind bei dieser Prominenz unsichtbar geworden.
Und doch werden der SPD mit Marion Baltzer (CDU), Hartmut Besch (FDP) und Wolfgang Kroll (FBL/UWG) vernehmbare Stimmen als Spitzenkandidaten entgegengehalten. Peter Pilling von den Linken, Popularitätssieger der Wahl 2008, steht auch wieder vorn. Claudia Günther von den Grünen gehört zwar nicht zur alten Garde, hat sich als Spitzenkandidatin aber schon mal als zugkräftig erwiesen.
Auf dieser Wahlliste kann die SPD kaum mithalten. Immerhin: Spitzenkandidat Volker-Gerd Westphal leitet das Kommunalreferat des brandenburgischen Innenministeriums. Er bereitet dort gerade die nächste Gemeindereform vor.
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