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Potsdam-Mittelmark: „Am Dickschädel arbeite ich noch“

Christian Große ist Werders neuer Beigeordneter. Ein Gespräch über Vorhaben, Stärken und Schwächen

Stand:

Herr Große, Sie sind in Werder als Politiker bekannt, der seine Meinung auch mal undiplomatisch formuliert. Müssen Sie sich nun öfter auf die Zunge beißen?

Ja gut, das ist jetzt natürlich eine andere Situation. Meine Aufgabe wird es sein, vermittelnd zu wirken und nach Lösungen zu suchen. Bisher als Politiker treffen in Diskussionen natürlich unterschiedliche Auffassungen aufeinander, die auch mal überspitzt dargestellt und formuliert werden, um die eigene Position deutlich zu machen. Es wird mir nicht schwerfallen, das aufzugeben. Es ist eine Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit. Ich habe richtig Lust, als Beigeordneter von der vorgebenden, beobachtenden Seite des Stadtparlamentes auf die beschließende, ausführende zu wechseln.

Trauen Sie es sich zu, nach 16 Jahren in der CDU-Fraktion parteiübergreifend zu arbeiten?

Ja. Ich bin Vorsitzender des Kreistages Potsdam-Mittelmark und war hier in der Stadt Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Finanzen, da habe ich auch nicht nur Parteipolitik vertreten. Die Aufgabe war, zusammenzuführen und mehrheitsfähige Lösungsvorschläge anzubieten. Ich glaube, das kann ich, auch wenn einige da anderer Meinung sind. Auch Beschlüsse, die von anderen Fraktionen in den Ausschuss eingebracht wurden, sind umgesetzt worden. Natürlich wurde auch gestritten, aber man muss bei bestimmten Themen auch das Rückgrat haben, anderer Meinung zu sein, um in der Diskussion gemeinsam zu besseren Lösungen zu kommen. Eine Diskussion ist immer besser, als wenn nur alles abgenickt wird.

Haben Sie schon mit Manuela Saß geklärt, wie die Aufgabenverteilung sein wird?

Das war in der Ausschreibung schon klar, welche Bereiche ich übernehmen werde: Ordnung, Sicherheit, Schulen, Bauverwaltung, die Wirtschaftsförderung und das Marketing.

Die größte Aufgabe der Verwaltung dürfte die Fertigstellung der Blütentherme sein. Wie wollen Sie sicherstellen, dass zügig zu Ende gebaut wird?

Das Thema liegt im Aufgabenbereich der Bürgermeisterin. Ich muss mich auch erst einmal in den Thermenbau von der Verwaltungsseite her einarbeiten. Frau Saß hat einen großen Beitrag in den letzten Wochen geleistet, sie führt die Verwaltung ja allein und hat im Hintergrund versucht, in Sachen Therme viel zu bewegen. Ich glaube, der Erfolg wird sich einstellen.

Welche weiteren Herausforderungen sehen Sie für Ihre achtjährige Amtszeit?

Mir liegt die Wirtschaftsförderung sehr am Herzen, wir sind mehr als die Blütenstadt und haben viele innovative Unternehmen. Die müssen einen kurzen Draht in die Verwaltung haben, um sich bei Problemen direkt an einen Ansprechpartner wenden zu können. Natürlich müssen wir uns als attraktiver Wirtschaftsstandort auch um neue Unternehmen bemühen. Mit dem Wachstum muss natürlich auch die Infrastruktur angepasst werden.

Und was ist mit dem Wohnungsbau?

Beim Wohnungsbau muss beispielsweise geschaut werden, wo noch Baulücken geschlossen werden können. Zwischen Hamburger Ring und Moosfennstraße gibt es beispielsweise ein Dreieck, was noch brachliegt und erschlossen werden könnte. Hier muss eine Diskussion in den politischen Gremien angestoßen werden. Wir müssen uns natürlich auch mit dem Land gemeinsam anschauen, wie wir den Tunnel unter den Bahngleisen hinbekommen. Dieser Bahnübergang ist schließlich ein Entwicklungshemmnis für die ganze Stadt. Auch beim Nahverkehr müssen wir mit dem Kreis zusammenarbeiten, um das nötige Angebot anbieten zu können und die Menschen zum Umsteigen vom Auto zu bewegen.

Muss man sich in Bad Belzig warm anziehen, wenn Sie jetzt die Forderungen für Werder stellen?

Bei mehr als zehn Millionen Kreisumlage, die wir jährlich zahlen, haben wir das Recht, gegenüber dem Kreis unsere Wünsche und Zukunftsideen kundzutun. Der Landkreis besteht nicht nur aus der Teltower Region und dem äußeren Rand um Bad Belzig. Wir wissen, dass der Ton die Musik macht. Aber wenn wir der Auffassung sind, Druck machen zu müssen, werden wir das auch tun. Beim Nahverkehr hat man sich ja auf unser Drängen hin beim Landkreis bewegt und eine Organisationsuntersuchung in Auftrag gegeben, um zu schauen, wie der Verkehr verbessert werden kann.

Ihr Vater war fast 25 Jahre lang Bürgermeister. Glauben Sie, das Ihnen das Missgunst in der Bevölkerung einbringen wird?

Ich kann mir das nicht vorstellen. Ich lebe mein ganzes Leben lang hier, bin lange Zeit Stadtverordneter und im Vorstand des Fußballvereins. Ich bin stolz auf meinen Vater, aber eine eigenständige Persönlichkeit. Wer mich kennt, weiß, dass ich kein Einfacher bin und manchmal auch einen Dickschädel habe. Viele Werderaner können einschätzen, dass ich Beigeordneter werden wollte, weil mir das am Herzen liegt und Spaß macht.

Wird Ihr Vater Sie bei Entscheidungen beraten, oder eher sagen: „Junge, das musst du so und so machen“?

Wir haben schon sehr unterschiedliche Auffassungen zu bestimmten Themenbereichen. Da hat es auch in der CDU-Fraktion schon früher harte Debatten hinter verschlossenen Türen gegeben. Mein Vater hat aber ein unwahrscheinliches Gespür für Stimmungen und Situationen. Einen Rat werde ich mir bei ihm sicher holen, sonst wäre ich ja blöd. Aber am Ende werden Entscheidungen durch mich oder die Bürgermeisterin getroffen.

Wo sehen Sie eigentlich Ihre Stärken und Schwächen?

Zu meinen Stärken gehört, dass ich eine schnelle Auffassungsgabe habe. Auch wenn viele denken, dass ich ein Sturkopf bin, höre ich auf Hinweise und Ratschläge. Ich wäge dann ab und treffe eine Entscheidung, die ich auch stark vertrete. Zu meinen Schwächen gehört andersherum wieder der Dickschädel, außerdem bin ich impulsiv. Inzwischen bin ich aber etwas ruhiger geworden, das macht auch das Alter. Und am Dickschädel arbeite ich noch, man wächst ja an seinen Aufgaben.

Ihre Amtszeit endet fast gleichzeitig mit der von Frau Saß. Können Sie sich vorstellen, danach als Bürgermeister zu kandidieren?

Acht Jahre sind erst mal eine lange Zeit. Es wäre vermessen, sich jetzt darüber Gedanken zu machen, was danach kommt. Die Herausforderung, die jetzt vor mir liegt, ist eine schöne, der ich mich ganz widmen möchte. Alles andere ist reine Spekulation. Einen Karriereplan gibt es bei mir nicht.

Der 37-jährige Christian Große (CDU) wurde am Donnerstag als Beigeordneter gewählt. Er war seit 1998 Stadtverordneter, hat Politik studiert und ist Geschäftsführer der Landes-CDU.

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