Potsdam-Mittelmark: Amokfahrt mit drei Promille
Zwei Verkehrssünder im beschleunigten Verfahren verurteilt
Stand:
Zwei Verkehrssünder im beschleunigten Verfahren verurteilt Von Gabriele Hohenstein Werder/Potsdam. Klaus G.* (47) hatte am Abend des 26. August 2003 nicht schlecht „getankt“. Im Vollrausch rammte der Postverteiler beim Einparken seines Seat Unter den Linden fünf Poller, eine Straßenlaterne sowie einen BMW. Die Fahrerlaubnis ist seit diesem Tag futsch. Ehe er eine neue bekommt, muss Klaus G. erst den bekannten „Idiotentest“ bestehen. „Es war ein riesengroßer Fehler, mich so betrunken ins Auto zu setzen“, räumt der Briefträger zerknirscht vor Gericht ein. Hier muss er sich im beschleunigten Verfahren verantworten. „Einmal habe ich über die Stränge geschlagen. Da hat es mich gleich vom Koffer gerissen.“ Der Berliner beteuert, normalerweise überhaupt keinen Alkohol zu trinken. An dem bewussten Tag habe er allerdings an einem Kiosk in Spandau Rast gemacht. Da das Wetter prächtig war, sei er anschließend auf die Idee gekommen, sein Auto waschen zu lassen. „Dann hatte ich Lust auf eine Spritztour“, erzählt Klaus G. Die Fahrt sei zunächst Richtung Potsdam gegangen. Als Letztes tauche das Gebäude des Hauptbahnhofs in seiner Erinnerung auf. „Von da an weiß ich nichts mehr. Keine Ahnung, wie ich nach Werder gekommen bin“, bekennt der Schluckspecht. Dass er hier eine Spur der Verwüstung hinterließ, kann er kaum glauben. „Ich entsinne mich ja nicht mal mehr daran, dass mich die Polizei mit zur Blutprobe genommen hat.“ Die fiel gut eine Stunde nach dem Crash mit 2,35 Promille ziemlich hoch aus. „Es ist davon auszugehen, dass Sie zum Zeitpunkt des Unfalls rund drei Promille intus hatten“, so Amtsrichter Wolfgang Peters streng. Er verurteilt den Angeklagten wegen fahrlässigen Vollrausches zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 30 Euro. „Vom Teufel geritten“ Bernd M.* (47) hatte am 5. September einen triftigen Anlass, zu tief ins Glas zu schauen. Der Ingenieur war an jenem Tag entlassen worden. Für ihn brach eine Welt zusammen. Schulden aus dem Hausbau drückten, deren Abzahlung er nun gefährdet sah. „Ich weiß auch nicht, welcher Teufel mich geritten hat“, bekennt der Familienvater – er fährt seit 30 Jahren unfallfrei – bedrückt. Er habe einsam in seinen vier Wänden gesessen, ein Glas nach dem anderen getrunken und versucht, mit der neuen Situation klarzukommen. Dann sei er tanken gefahren, da er am nächsten Tag zum Klassentreffen in den Harz wollte. „Ich dachte wirklich, ich bin noch fahrtauglich“, berichtet der wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr Angeklagte. Wieso er in einer Linkskurve mit seinem Nissan gegen einen Gartenzaun krachte, kann er nur so erklären: „Wahrscheinlich bin ich vom Gaspedal des Automatikwagens abgerutscht.“ Laut Gesetz liegt die Grenze zur absoluten Fahruntauglichkeit bei 1,1 Promille. Die Polizei stellte bei dem Werderaner eine Blutalkoholkonzentration von 2,26 Promille fest. Der Eigentümer des lädierten Zauns bezifferte den Schaden in der ersten Rage auf 1900 Euro, ging dann allerdings auf 450 Euro zurück. „Sie können mir glauben, dass ich Ihre persönliche Situation durchaus berücksichtige“, erklärt der Vorsitzende. Eine Geldstrafe von 35 Tagessätzen a 30 Euro sei dennoch nötig. Sieben Monate darf der Mann nicht ans Steuer – eine Sanktion, die ihn bei der Bewerbung um eine neue Stelle härter trifft als die drohende Medizinisch-Psychologische Untersuchung. (*Namen von der Reaktion geändert.)
Gabriele Hohenstein
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: