Potsdam-Mittelmark: Amtsrichter: „Sehr viele Merkwürdigkeiten!“
Vortäuschen einer Straftat und Versicherungsbetrug allerdings nicht zweifelsfrei nachweisbar
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Vortäuschen einer Straftat und Versicherungsbetrug allerdings nicht zweifelsfrei nachweisbar Von Gabriele Hohenstein Werder/Potsdam. „Diana ist fast zusammengebrochen. Sie hat geweint, als sie ihr ausgeschlachtetes Auto sah“, erzählt Ellen F. (40) im Zeugenstand. Die beiden Frauen waren am Abend des 1. September 2002 in Werder verabredet, besuchten eine Gaststätte. Diana K. (29) ließ ihren Opel Omega danach vor dem Lokal stehen, übernachtete bei ihrer Freundin Ellen. Die fuhr die junge Frau am nächsten Morgen zu ihrem Auto. Das stand zwar noch am alten Ort, allerdings fehlte ihm die komplette Innenausstattung. Diana K. erstattete Anzeige bei der Polizei und verkaufte das Wrack. Am 13. September bekam sie von der Versicherung 13 670 Mark ausgezahlt. Justitias Mühlen begannen zu mahlen, als eben jener Opel später mit der Original-Innenausstattung bei einem Händler in Stahnsdorf auftauchte. Diana K. geriet in Verdacht, die Versicherung übers Ohr gehauen und mit einem Mittäter gemeinsame Sache gemacht zu haben. Vor Gericht bestreitet die wegen Vortäuschens einer Straftat und Versicherungsbetruges Angeklagte derart kriminelles Tun. Der Kfz-Klempner Joachim S. (37) schaute sich den weißen Opel im Auftrag der Kriminalpolizei an und kam zu folgendem Schluss: „Da muss jemand am Werk gewesen sein, der sich gut auskannte, der über viel Zeit und entsprechendes Werkzeug verfügte.“ Zudem habe er den Eindruck gewonnen, das Schadensbild sei extra manipuliert worden, um ein gewaltsames Eindringen in das Auto vorzutäuschen, so der Fachmann. Michael K. (27) und sein Kumpel Nico H. kauften zu jener Zeit lädierte Autos auf, um sie zu reparieren und mit Gewinn weiterzuveräußern. Sie erwarben auch den Opel Omega mit dem vermeintlichen Diebstahlsschaden der gebürtigen Werderanerin. Rein zufällig entdeckte Michael K. dann im Internet Original-Opelteile für einen „Appel und ein Ei“. Auch dass die Seriennummern der dazugehörigen Airbags mit denen übereinstimmten, die aus Dianas Gefährt geklaut worden sein sollten, hielt er für eine glückliche Fügung. Einen schriftlichen Kaufvertrag für die Teile kann der Mann nicht nachweisen. Und noch ein Zufall: Diana K. kaufte ihr Auto einst von Nico H. „Es gibt ja fast nichts, was es nicht gibt“, konstatiert die Staatsanwältin ironisch. An die vielen Zufälle kann sie aber nicht so recht glauben. Der Angeklagten sei allerdings nicht zweifelsfrei nachzuweisen, dass sie den Diebstahl fingiert habe, um einen Versicherungsbetrug vorzutäuschen. „Zu widerlegen sind diese Zufälligkeiten aber auch nicht“, betont der Verteidiger. „Es ist durchaus möglich, dass die Original-Teile im Internet angeboten wurden.“ Seiner Mandantin konnte allerdings nicht bewiesen werden, dass sie in irgend einer Weise mit dem Diebstahl in Verbindung steht. Diana K. sei daher freizusprechen. Dem folgt das Gericht, auch wenn dem Vorsitzenden „ein bisschen zu viele Merkwürdigkeiten“ in der Geschichte auftauchen. „Versicherungen haben ein langes Gedächtnis. Sollte so etwas noch einmal passieren, dürfte die Angeklagte Probleme bekommen“, gibt er zu bedenken.
Gabriele Hohenstein
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