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Generalprobe für den großen Auftritt. In der frisch sanierten Andreaskirche wurde geübt, aufgeführt wird das Krippenspiel heute auf dem Teltower Marktplatz. Hier wird die aus der Not heraus geborene Idee einer Open-Air-Christvesper wiederholt.

© Andreas Klaer

Von Tobias Reichelt: Andacht mit Hund und Glühwein

Teltows Evangelische Kirche lädt am Heiligen Abend zur zweiten Christvesper unter freiem Himmel ein

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Teltow - Michael Wilcke hat über die Jahre einen realistischen Blick auf Weihnachten gewonnen: „Den einen oder anderen erwischt es plötzlich“, sagt der Kirchwart der Evangelischen Gemeinde in Teltow. „Die Menschen brauchen etwas kirchliches“ – und dann sei es immer das gleiche: Autos drängeln sich um den Kirchplatz und für die wenigen Sitzplätze in der Andreaskirche wird angestanden. „Und sollte einem der Gottesdienst zur Halbzeit nicht mehr gefallen, wird man angeguckt, wenn man sich rausdrängelt.“ Dabei geht es doch bequemer.

Die Evangelische Kirche Teltow lädt am Heiligen Abend zur Andacht unter freiem Himmel auf dem Teltower Marktplatz ein. Die Christvesper ist offen für alle, selbst mit Hund an der Leine oder Glühwein in der Hand. Es ist der zweite Versuch: Erst im vergangenen Jahr wurde die Idee aus der Not heraus geboren. Ein Schwelbrand hatte im Herbst 2009 große Schäden im Inneren der Andreaskirche angerichtet (PNN berichteten). Im Keller war ein Sicherungskasten in Brand geraten, die komplette Elektrik der Kirche war in Mitleidenschaft gezogen. Giftige Dämpfe hatten sich unter dem Kirchendach festgesetzt, eine klebrige Rußschicht hatte alles bedeckt. Über Weihnachten war die Kirche gesperrt.

So kam es damals zur ersten „Open-Air-Christvesper“ auf dem Teltower Marktplatz. „Der Erfolg war gewaltig“, sagt Kirchwart Wilcke. Auch Barbara Nieter, die stellvertretende Kirchenratsvorsitzende, konnte sich nach Weihnachten kaum vor Anrufen retten. „Das Telefon stand nicht mehr still“, erzählt sie. Knapp 500 Menschen waren zur Andacht auf den Marktplatz gekommen. Die Begeisterung war groß. Einige fanden so sogar für länger ihren Weg in die Kirche. „Es gab Kircheneintritte“, berichtet Wilcke. Schnell war klar: Das muss wiederholt werden.

So kommt es, dass die Teltower Andreaskirche nach den erfolgten Sanierungsarbeiten zur diesjährigen Weihnachtszeit wieder geöffnet ist und trotzdem eine Bühne auf dem benachbarten Marktplatz aufgebaut wurde. „Es haben schon viele Leute Bescheid gegeben, sie kommen zur Christvesper auf den Marktplatz“, berichtet Kirchwart Wilcke. Der „etwas andere Gottesdienst“ habe sich herumgesprochen, erzählt auch Barbara Nieter. Die Christvesper auf dem Marktplatz sei eine Art Werbung für die Kirche. „Ich glaube, da haben viele Menschen drauf gewartet“, sagt Nieter. Kirchwart Wilcke stimmt ihr zu. „Es ist eben nicht jedermanns Sache, in die Kirche zu gehen.“ Mit der offenen Andacht wolle man Berührungsängste abbauen. „Es kann jeder kommen, und wem es nicht gefällt, der kann auch wieder gehen.“

Um 16 Uhr wird der Gottesdienst eröffnet. Bis zu 500 Besucher werden wieder auf dem Teltower Marktplatz erwartet, sie werden bei weitem nicht nur aus Teltow anreisen. Schon im Vorjahr kamen auch viele Kleinmachnower oder Stahnsdorfer, um einen Blick auf die Premiere zu werfen. So wird in Teltow bereits über einen Export der Idee nachgedacht: „Vielleicht wäre das auch für andere Gemeinden eine gute Sache“, sagt Wilcke. Zum Beispiel in Kleinmachnow. Auch dort seien die Kirchen an Weihnachten überfüllt. „Und in Kleinmachnow gibt es den Rathausmarkt“, überlegt Wilcke.

Knapp eine Stunde wird die Teltower Andacht unter freiem Himmel dauern. Zunächst wird Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) ein Grußwort halten, durch den Gottesdienst führt Pfarrer Matthias Blume vom Evangelischen Diakonissenhaus. Die Kirche will Glühwein und Kinderpunsch verkaufen, die Einnahmen werden an den Teltower Tisch und ein Waisenhaus im polnischen Debno gespendet. Die Junge Gemeinde führt das Krippenspiel auf. Es gibt weihnachtliche Musik zum Mitsingen, der Posaunenchor spielt und die Kirche rechnet mit Schnee. „Dann wird es romantisch auf dem Marktplatz“, schwärmt Barbara Nieter und Kirchwart Wilcke nickt: „Das macht für viele Menschen Weihnachten aus.“

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