Potsdam-Mittelmark: Anklage im Wildenbrucher Müllskandal
Verfahren vorerst ausgesetzt / Beschuldigte Betreiberfirma bereinigt ihre eigene Halde
Stand:
Michendorf/Potsdam - Im Prozess um die illegale Müllverkippung in der Kiesgrube „Fresdorfer Heide“ haben die Verteidiger der Beschuldigten den Vorwurf einer schweren Umweltstraftat bestritten. Vor dem Potsdamer Amtsgericht müssen sich seit gestern der Geschäftsführer der Michendorfer Betreiberfirma, Götz E. (49) aus Berlin, und sein Betriebsleiter Lars Z. (47) verantworten. Dem Geschäftsführer wirft die Staatsanwaltschaft das unerlaubte Betreiben einer Müllanlage und unerlaubten Umgang mit gefährlichen Abfällen vor. Sein Untergebener wird der Beihilfe beschuldigt. Die beiden Angeklagten sollen mindestens ab Herbst 2006 bis April 2007 in großem Stil illegal Müll in der Kiesgrube bei Wildenbruch verklappt haben, darunter laut einem Gutachten auch Stoffe, die Krebs erregen können. Die Staatsanwaltschaft geht von etwa 13 500 Tonnen Abfällen aus, die nun fachgerecht zu entsorgen sind. Die Kosten dafür beliefen sich auf mindestens 1,35 Millionen Euro.
Die Verteidigung zweifelt indes das der Staatsanwaltschaft vorliegende Gutachten vor allem hinsichtlich der Gefährlichkeit und der Menge des verkippten Mülls an. Ein selbst in Auftrag gegebenes Gutachten würde zu anderen Ergebnissen kommen, hieß es.
Konkret wurde der Tatvorwurf gestern vor dem Amtsgericht jedoch noch nicht durchleuchtet, das Verfahren, für das vorerst drei Prozesstage anberaumt waren, stattdessen vertagt. Überraschender Grund: Die Betreiberfirma, weiterhin unter Leitung von Götz E., ist derzeit dabei, unter Kontrolle des Landesbergamtes die Müllhalde selbst zu bereinigen. Einschließlich der notwendigen Untersuchungen könne das noch etwa vier Monate dauern, hieß es. Bis dahin wurde das Verfahren auf Antrag der Staatsanwaltschaft nun ausgesetzt. Vom Verlauf des Schadensbeseitigung erwarte man Aufschlüsse für die Urteilsverkündung und das mögliche Strafmaß, sagte Richterin Reinhild Ahle.
Wie berichtet, hatte die „Task Force“ des Landesbergamtes bei einer Kontrolle im August 2007 erste Anzeichen für die illegale Müllverkippung in der Fresdorfer Heide gefunden. Im April 2008 rückten Ermittler des Potsdamer Polizeipräsidiums und des Landeskriminalamtes mit einem Bagger in der Fresdorfer Kiesgrube an. Unter der Erde entdeckten sie große Mengen an Müll aus Gewerbe und Haushalten, der auf spezielle Deponien oder in Recyclinganlagen gehört, dazwischen immer wieder Schichten von Sand und Kies. Die Ermittler zogen auf dem Gelände Proben, um die genaue stoffliche Zusammensetzung des Abfalls sowie weitere Müllvergrabungen festzustellen. Sogar ein Hubschrauber war über dem Gelände im Einsatz. Die Grenzwerte für gefährliche Stoffe in den Proben wurden laut Anklage teils um das Dreifache übertroffen. Auch die Privaträume und Firmenniederlassungen des Geschäftführers wurden von der Polizei durchsucht. Eine Zulassung hatte Götz E. nur für die Verkippen von vorsortiertem Bauschutt, um die Kiesgrube wieder nutzbar zu machen. „Das Material, das wir gefunden haben, war dafür jedoch gänzlich ungeeignet“, sagte der zuständige Mitarbeiter des Bergamtes gestern vor Gericht. Umgehend sei angeordnet worden, jegliche Verkippung, auch von Bauschutt, einzustellen.
Stattdessen stimmte das Bergamt einem Vorschlag der Betreiberfirma zu, den Schaden selbst zu beseitigen, den verkippten Müll in einem speziellen Verfahren von Bauschutt und Kies zu trennen und in der eigenen Recyclinganlage zu entsorgen. Die verbleibenden mineralischen Bestandteile – laut Bergamt etwa 75 Prozent der Gesamtmasse – sollen dann auf einer speziellen Tonschicht zum Schutz des Grundwassers wieder in der Kiesgrube gelagert werden. Die Firma selbst rechnet mit Kosten von etwa 570 000 Euro, noch ohne die Tonabdeckung. Laut Bergamt eine Summe, die nachzuvollziehen sei. Hagen Ludwig
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