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Von Peter Könnicke: Anstoß für Zäsur in Teltow

Möbelboss sorgt für städtebaulichen Diskurs

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Teltow - Das Feld räumen für eine grüne Gestaltung des Kanalumfeldes? Oder weiteres Wachstum als Gewerbestandort? Das Ansinnen der Porta-Gruppe, in der Teltower Oderstraße einen 4 000 Quadratmeter großen Discounter ihrer „Möbelboss“-Tochter anzusiedeln, hat einen Diskurs über städtebauliche Korrekturen im Umfeld des Teltowkanals eingeleitet. „Es ist Zeit, über eine Zäsur nachzudenken“, findet der SPD-Landtagsabgeordnete Jens Klocksin.

In den 90er Jahren seien beim Ansiedeln von Handelsflächen „Fehler gemacht worden,“ meint auch der SPD-Stadtverordnete Helmut Tietz. Die Baumassen seien zu dicht an die Kanal aue gerückt, was heute dem Vorhaben schade, den Teltowkanal und dessen Uferbereiche touristisch aufzuwerten. Auch der nun geplante Möbelmarkt würde Teile der Kanalaue berühren.

War die Entwicklung nach der Wende der Not geschuldet, DDR-Industriebrachen zu beleben und Arbeitsplätze zu schaffen, stellt sich heute die Frage, ob sich Standortqualität durch einen dreigeschossigen Möbelmarkt erreichen lässt? Oder ob sich durch eine sukzessive Umsiedlung des Bestandes bessere Entwicklungspotenziale ergeben? Die Fragestellung hat die Führungsriege im Rathaus und die Stadtpolitik gespalten.

Während Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) und sein Wirtschaftsförderer Sören Kosanke es für „grob fahrlässig“ halten, steuerkräftige Unternehmen vor die Tür zu setzen und Möbelboss einen Korb zu geben, haben die Stadtverordneten im Bauausschuss das Investitionsvorhaben wiederholt abgelehnt. Die Argumente: Der Bedarf werde durch Angebote in Teltow, Potsdam und Berlin gedeckt. Das Verkehrsaufkommen sei schon jetzt grenzwertig. Und planungsrechtlich sei das Baufenster nicht für großflächigen Einzelhandel definiert.

Auch habe niemand die Absicht, Unternehmen vor die Tür zu setzen, meint etwa der Bündnisgrüne Eberhard Adenstedt. Aber es sei wert zu überlegen, bessere Lagen für eine Einzelhandels-Konzentration zu entwickeln. „Wir haben zahlreiche weitere Standorte in Petto“, so Adenstedt – und nennt die „optimal angebundene und zentrale Rheinstraße, das Gewerbeareal an der Ruhlsdorfer Straße in „bester Gesellschaft von Obi und Selgros“ oder auch – regional gedacht – den Stahnsdorfer Greenpark.

Für Bürgermeister Schmidt gibt es indes an der Oderstraße keine unlösbaren Probleme. Die Planungshoheit der Stadt ermögliche durchaus, Art und Nutzung der anvisierten Flächen zu bestimmen. Inhaltlich passe ein Möbelmarkt zur bestehenden „Spezifik“ der Oderstraße. Und – ganz grundsätzlich – sei eine millionenschwere Investition in einer Zeit der Rezession ein „Ausrufezeichen“. Wirtschaftsförderer Kosanke sekundiert: Die Umsiedlung bestehender Unternehmen wäre „mehr als kontraproduktiv für die wirtschaftliche Situation der Stadt“.

Jens Klocksin glaubt hingegen, dass man sich in den Geschäftsetagen der bestehenden Märkte Überlegungen nach neuen Standorten in Teltows nicht verschließen würde: Nach 15 Jahren hätten sich für etliche Unternehmen die einstigen Investitionen amortisiert. Kosanke rechnet da anders: „Erst wenn ein Unternehmen seine Ausgaben abgeschrieben hat, fängt es an, Steuern zu zahlen.“

In der Regionalen Planungsabteilung, die mit objektivem Blick städtebauliche Entwicklungen lenkt und bewertet, spricht für Harald Knauer nichts gegen eine Ansiedlung von „Möbelboss“. „Das würde die geplante Zentralörtlichkeit von Teltow stärken.“ Doch rät er der Stadt zu einem Einzelhandels-und Versorgungskonzept, das auch Sub-Standorte stärkt, die sonst gegen die Discounter-Konkurrenz nicht bestehen würden. Bedenklich sieht Knauer zudem die Verkehrssituation in der Oderstraße. „Die ist an der Grenze zur Leistungsfähigkeit.“

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