KulTOUR: Applaus für den Hausherrn
Ein Liederabend zum 200. Geburtstag Robert Schumanns – „Caputher Musiken“ in der Bergmann-Villa
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Schwielowsee - Die Bergmann-Villa ist fertig, der „Kulturbahnhof Caputh-Geltow“ kommt. So lautete die Botschaft am Samstagabend. Einmal im Jahr steht der „Säulensaal“ der Villa mit Gerhard Vowes Ikarus-Bild in der Kuppel und den in Buntglas gefassten Theaterszenen als Fenster den „Caputher Musiken" zur freundlichen Verfügung. Selbstverständlich werden die etwa achtzig Gäste von Hausherr Lothar Hardt nicht jedesmal mit einem so opulenten Schlemmer-Menue verwöhnt, „Einweihung“ gibt’s schließlich nur einmal. Applaus für den Hausherrn! Sieben Stufen führen rauf zur kleinen Bühne, oben ein schneeweißes Bechstein-Klavier. An allen Wänden Werke zeitgenössischer Malerei. In dieser Noblesse wurden Reden der Freude und des Dankes gehalten, Bürgermeisterin Kerstin Hoppe war derart gerührt, dass ihr fast die Stimme versagen wollte, schließlich winkt Caputh noch ein weiterer „Kulturstandort“, einer mit Schienen-Anschluss sogar. Das ist jetzt offiziell und laut versprochen.
Für diesen besonderen Anlass hatten die „Caputher Musiken“ einen recht edlen Liederabend zum 200. Geburtstag des „Komponisten, Dichters und Lebenskünstlers“ Robert Schumann ausgewählt. Unter dem lockenden Titel „Liebesfrühling“ berührte er aber nicht nur dessen Kompositionen, sondern auch die seiner Mit- und Gegenstreiter Felix Mendelssohn-Bartholdy und Johannes Brahms, der ja in mancherlei Hinsicht Schumanns „Nachfolger“ werden sollte. Im Zentrum dieses blumig-romantischen Lenzes natürlich die schöne Clara Schumann.
Die Interpreten Nora Lentner und Michael Rapke waren für alle eine riesige Überraschung, denn sowohl Sopran als auch Bariton sangen nicht abgeklärt-klassisch, sondern gleichsam „jugendlich erregt“. Dergestalt merkte man bald, dass es in den romantischen Kreisen des 19. Jahrhunderts alles andere als hehr und sittsam zuging. Die stille Opposition der „Liedermacher“ zur Erstarrung der Klassik wurde geradezu spürbar, da gehörten Sturm und Drang der Gefühle natürlich dazu. „Herbstlied“ und das flotte „Maiglöckchen“ von Mendelssohn-Bartholdy eröffneten den Abend im stürmischen Duett, wobei man ein spürbar inniges Miteinander entwickelte.
Freilich blieb ein Händchenhalten aus. Schumanns „Liederkreis“ op. 39 war dann im Wesentlichen ein Nacheinander des wunderbar frischen Soprans und eines jugendlichen Baritons, der wie eine Feder zum Publikum herabzuschweben schien. Wie ihr musikalischer Begleiter Jordi Bitt ist auch Michael Rapke Stipendiat des Berliner Vereins „Yehudi Menuin“. Tatsächlich schaffte es das Ensemble durch seine frische Art sehr bald, die Herzen des Publikums anzuzünden, zumal ja heißer Schmerz und bittersüßes Tränenrinnen á la Romantik fast jedem Publikum gefallen. Clara Schumanns „Sie liebten sich beide“ ist sogar ein Musterexemplar fürs gehobene Sentiment, ach ja! Von Brahms dann „Die Boten der Liebe und ein zierlich’ „Vergebliches Ständchen“. War jeder Solist schon eine Klasse für sich, was waren dann beide zusammen?
Michael Rapke hat auch als Moderator besondere Qualitäten. Wie locker und souverän er durch das nicht eben einfache Leben des Ehepaares Schumann führte, wie er den liebestollen Brahms mit ins Boot nahm, entzückte den ganzen Raum. Ein schöner, vielversprechender, ein fast perfekter Abend, besonders dann, wenn einem auf dem Weg nach Michendorf in aller Finsternis auch noch das Weiße Reh begegnet.
Gerold Paul
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