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Potsdam-Mittelmark: Applaus für den Marmeladenkoch

Vom Feld ins Glas: Das Sanddornunternehmen Berger hat in Petzow eine gläserne Marmeladenfabrik eröffnet

Von Eva Schmid

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Werder (Havel) - Zum ersten Mal kocht er vor Publikum: Der Marmeladenkoch Max Schubert hebt mit Leichtigkeit einen Riesenbottich orangefarbener Flüssigkeit hoch. Dann kippt er das feine Sanddornmark zusammen mit dem Zucker in einen Kessel, schraubt den Deckel drauf und wartet, dass es brodelt. „Wild und fruchtig“ steht auf seinem T-Shirt, das die gleich Farbe wie die Sanddornmasse hat. Jetzt hat er kurz eine Verschnaufpause, der Blick des Marmeladenkochs geht zur Fensterscheibe. Dahinter, in der neuen Schauproduktion auf dem Petzower Sanddornhof von Christine Berger, stehen seine Zuschauer.

Ausflügler, Schulklassen, Einheimische und Firmen können seit zwei Wochen miterleben, wie Sanddornmarmelade hergestellt wird. Wurden bisher Marmeladen und Fruchtaufstriche in einer 500 Quadratmeter großen Produktionshalle in der Nähe des Werderaner Bahnhofs hergestellt, haben die Bergers jetzt ihre Kapazitäten verdoppelt. „Als unser Mietvertrag in Werder ausgelaufen ist, kam uns die Idee mit der gläsernen Produktion“, sagt Dorothee Berger. Sie ist im Unternehmen für die Produktentwicklung zuständig.

Nach 45 Minuten ist es endlich so weit, Marmeladenkoch Max Schubert legt den Hebel um, die heiße Marmelade wird zur Produktionsstraße in den Nachbarraum gepumpt. Es fängt an, laut zu scheppern – das hören selbst die Zuschauer hinter der Glasscheibe. Kleine Marmeladengläser werden vorwärts bewegt, aus Edelstahlrohren wird die heiße Marmelade in Gläser gepumpt. „Danach kommt der Deckler zum Einsatz“, erklärt Schubert und zeigt auf eine Vorrichtung, die die Gläser per Vakuum luftdicht verschließt. „Auch das Einpacken in Kisten übernimmt die Maschine.“

Christine Berger hat den Sanddornhof vor 20 Jahren als Familienbetrieb gegründet. Den Sanddorn, den die Bergers zu Säften, Sirup, Wein und Kosmetik verarbeiten, kommt von Feldern bei Glindow und Werder. „Jetzt ist die gesamte Produktion an einem Standort – wir sparen uns das ständige Hin- und Herfahren“, so Junior-Chefin Dorothee Berger. Den vier Mitarbeitern in der Marmeladehalle wird jetzt von Besuchern über die Schulter geschaut. Die Schauproduktion erweitere das touristische Angebot des Hofes. „Die Abfüllung von Sanddornwein und -likör gab es hier schon“, sagt Berger. Viele Besucher wollten aber auch wissen, wie die Marmelade gemacht werde.

Während die fertigen Marmeladegläser vom Band rattern, wäscht Max Schubert Kanister und den großen Kochlöffel. Die nächste Fuhre steht an. An einem Tag bringt er drei- bis viermal den 150 Liter fassenden Kessel zum Brodeln. 800 Gläser sind das am Ende des Tages. „Wir machen hier auch Honig mit Sanddorn und Fruchtaufstriche.“ Bevor er etwas in den Kochtopf schmeißt, zeigt er es den Besuchern: Einmal ist es ein Topf mit Mangopüree, auch Chili und Ingwer kommen zum Einsatz.

Der Sanddorn soll salonfähig werden: „Schmeckt nicht, ist aber gesund – von dem Image wollen wir die Frucht befreien“, sagt Dorothee Berger. Er solle weder in die Reformhausschublade gesteckt werden, wo ihn viele Wessis verorten. „Noch soll er im Osten des Landes den Leuten zum Hals heraushängen.“ Mit immer neuen Produkten versucht der Familienbetrieb das Image zu verbessern: Sanddorn-Schokolade, Sanddorn-Senf-Sauce zum Grillen, dieses Jahr soll es Sanddorn-Chutneys geben. „Die Zweifler kriegt man am besten mit Sanddorn-Gummibärchen“, sagt Berger.

Werden die orangefarbenen Beeren schon auf dem Feld vom Ast gezupft und nicht schnell genug verarbeitet, dann komme es zu Qualitätsverlusten. „Dann oxidiert die Frucht schneller, der Geschmack stark säuerlich.“ Wie bei Bergers die Ernte abläuft, wird in der Schauproduktion in einem kurzen Film gezeigt.

Vor der Produktionshalle stehen vereinzelt ein paar Sanddornbüsche. Eine Streuobstwiese soll hier demnächst entstehen. Das Gelände mit seinem großen Garten, dem Hofladen, den zwei Schauproduktionen sowie dem Restaurant „Orangerie“ soll künftig auch um eine Pension erweitert werden. Maximal 20 Zimmer soll es geben. Zudem soll die Nähe zum Glindowsee genutzt werden. „Vorstellbar wäre etwas mit Wellness“, sagt Berger. Mit Blick auf den See könnten Besucher bei einer Massage mit Sanddorn-Öl entspannen. „Aber das sind alles noch Visionen“, sagt Berger und lacht.

Selbst in der Schauproduktion könnte sich noch einiges ändern: „Wir wollen, dass Besucher mit uns gemeinsam Marmelade kochen können.“ Bisher verbieten es die Hygieneregeln, dass Besucher in die Marmeladehallen dürfen. Da bleibt vorerst nur der Blick durchs Glas – doch die dünne Trennwand ist schnell vergessen. Wenn Marmeladenkoch Max Schubert Besuch bekommt, dann redet er laut und zeigt deutlich seine Arbeitsschritte. Er nimmt seinen Job ernst, kann sich ein Lächeln aber oft nicht verkneifen. Ist die Marmelade fertig, dann gibt es Applaus – für die süßen Einblicke. Und der Junior-Chefin wird am Ende der Vorführung von einigen Besuchern zugeflüstert, dass sie einen bezaubernden Koch hat.

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