Potsdam-Mittelmark: Ärger über Schmierereien
Graffiti-Straftaten in Beelitz fast verdreifacht / Polizei rät, Sprayen in Ordnungswidrigkeitenkatalog der Stadt aufzunehmen
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Graffiti-Straftaten in Beelitz fast verdreifacht / Polizei rät, Sprayen in Ordnungswidrigkeitenkatalog der Stadt aufzunehmen Beelitz. Die Toleranz ist erschöpft, die Grenze überschritten – so die übereinstimmende Meinung der Beelitzer zu den überall in der Stadt auftauchenden Graffiti-Schmierereien. Der Beelitzer Ortsbeirat hatte am Montagabend zu einem Tagesordnungspunkt adhoc die Polizei hinzugebeten, um über „Jugendkriminalität“ zu beraten, doch über einigen Fakten und Zahlen zur Gewalt an Schulen, Kleindiebstählen in Kaufhallen und Suchtmittelumgang – alles im Rahmen des „Normalen“ – kam man rasch zu den störenden und die Öffentlichkeit ärgernden Verunreinigungen. Kriminalkommissar Sven Röske, seit Jahren und schon in seiner Potsdamer Zeit mit diesem Phänomen befasst, war offenbar nicht glücklich, aufgrund der gesetzlichen Situation über die beschränkten Möglichkeiten der Ordnungsmacht berichten zu müssen. Wegen der Eigenart dieser Delikte kann die Polizei über 90 Prozent aller angezeigten Fälle wenigen Tätern zuordnen. In Beelitz sind das neben einem Rädelsführer sechs Jugendliche, die mit ihrem nächtlichen Treiben die Stadt verunstalten. Aber der Gesetzgeber stuft dieses Untaten weder als Sachbeschädigung noch als Straftaten ein. Zivilrechtlich kann lediglich die Schadenssumme eingeklagt werden. Deshalb können die Täter, nochzumal wenn die Erziehungsberechtigten uneinsichtig sind, weiter unbehelligt ihrem „Hobby“ nachgehen. In der Diskussion um die Vermeidung fragte Brigitte Schneider nach den Familienverhältnissen der Sprayer – sicher liegen die Ursachen für deren Protest-Taten noch tiefer. Aber Kriminalkommissar Röske konnte neben der Empfehlung, das wilde Sprayen als Ordnungswidrigkeit in den Katalog der Stadt aufzunehmen – was in der nächsten Stadtverordnetenversammlung erfolgen soll – einige Maßnahmen nennen, die den Sprayern nicht sofort, aber mittelfristig die Lust an ihrer Kunst verleiden lassen. Erfahrungsgemäß bleiben Flächen, die unmittelbar wieder gereinigt werden, wegen der Kurzlebigkeit der doch zeit- und geldaufwendigen Graffities von weiteren Verunzierungen verschont. Dazu wurden in anderen Orten eigene Aktionsbündnisse der Bürger gegründet, die die Reinigung per Firmenauftrag oder in Eigeninitiative – je nach finanzieller Situation – binnen Stunden veranlassen oder ausführen. Diese Schlacht, notfalls täglich geführt, ist binnen kurzer Zeit gewonnen, muss allerdings notfalls bei einer neuen Sprayergeneration wiederholt werden. Merkwürdigerweise hilft auch das veranlasste und geplante Besprayen von Wänden mit passenden und durchaus künstlerischen Motiven, was die wilden Sprayer vor einem „Crossing“ (Übersprayen) abschrecken soll. Wo diese beiden Maßnahmen nicht durchführbar oder möglich sind, hilft dauerhaft auch eine Begrünung durch Efeu oder sonstige Kletterpflanzen. Letztlich schreckt auch eine häufige Präsenz von Bürgern, wie sie durch Sicherheitspartnerschaften in einigen Orten erfolgreich durchgeführt wird, ab. Die nächsten Monate werden zeigen, für welche Prävention sich die Stadtverordneten auf Vorschlag des Ortsbeirates entschieden haben und welchen Erfolg die Maßnahmen erbringen. 2002 wurden immerhin 70 Verunreinigungen angezeigt, 2003 hat sich diese Entwicklung mit 197 Vorgängen fast verdreifacht, was aber erfahrungsgemäß nur ein Bruchteil der tatsächlich Verunreinigungen wiederspiegelt. Denn viele betroffene Eigentümer haben vor der Flut der Tags und Logos schon lange resigniert. Klaus-P. Anders
Klaus-P. Anders
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