zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Auch ohne Schlussverkauf werden die Lager geleert

Preise in Werder um bis zu 70 Prozent reduziert / Budget der Kunden aber „merklich geschrumpft“

Stand:

Preise in Werder um bis zu 70 Prozent reduziert / Budget der Kunden aber „merklich geschrumpft“ Werder – Offiziell gibt es den Sommerschlussverkauf nicht mehr. Trotzdem ist das Kürzel „SSV“ auch in Werders Einkaufsstraße Unter den Linden und im Werder-Park an einigen Schaufenstern zu sehen. Allerdings meist kleiner als die mit Rotstift markierten Schnäppchen, die mit Preisnachlässen bis zu 70 Prozent angepriesen werden. Nach dem Wegfall der staatlichen Regelung für Schlussverkäufe wurden aus dieser Tradition freiwillige Initiativen von Händlern. Manch kleiner Händler in der Innenstadt fühlt sich indes fast genötigt zum Schnäppchen-Angebot. „Wir machen seit Dienstag mit, weil die Nachbarn reduziert haben", erklärt die Inhaberin einer Boutique. Außerdem hätten sich die Kunden daran gewöhnt, Ende Juli reduzierte Waren in den Regalen vorzufinden. Zur Teilnahme gezwungen fühlt sich auch Nguyen Tung Thi von „Sai Gon", der manche Artikel jetzt zum Einkaufspreis anbiete, damit die Sommerware verkauft werden kann, um Platz fürs Herbst- und Wintersortiment zu schaffen. Es sei schwer, in Konkurrenz mit den großen Häusern zu überleben, klagt er, denn deren Angebote wären mittlerweile ebenso günstig wie seine. Wie bei „Sai Gon“ hält sich aber auch gegenüber bei NKD der Ansturm der Rabattjäger in Grenzen. Sie sei nur zufällig hier, verrät eine Kundin, die sich für reduzierte Herrenhemden interessiert, die zurzeit ab 2,99 Euro angeboten werden. Anders die elfjährige Anke, die mit ihrer Großmutter das Strumpfregal durchsucht, weil sie unbedingt ein Paar Snoopy-Socken haben möchte, die sie im Werbeprospekt entdeckt hatte. Das Angebot ist bereits ausverkauft und die Elfjährige enttäuscht. „Das nächste Mal müssen wir gleich hin", meint die Oma. Dass unabhängig vom Schlussverkauf Sonderangebote Kunden locken, ist längst kein Geschäftsgeheimnis mehr, so auch die NKD-Verkäuferin: „An Angebotstagen ist hier mehr Bewegung im Laden als sonst." Auch bei „Komma10" gibt es gute Erfahrungen damit. Kaum waren die Prospekte zu den Schulmaterialien in den Briefkästen, standen die Kunden Schlange im ehemaligen Trend-Kaufhaus. „Etwa 400 kamen, das war ein richtiger Knallertag", freut sich Britta Gretzmacher. Rabattangebote wie beim SSV gebe es bei „Komma10" jedoch nicht, da „das gesamte Warensortiment sich bereits im niedrigen Preissegment befinde". Mit starken Rabattangeboten bis zu 70 Prozent wird dagegen bei „Complimenti Schuhe" der SSV eingeläutet. Mit der Resonanz ist Angelika Degler noch nicht zufrieden und hofft auf den Markttag am Freitag. Alexandra Brandenburger von der „Schatztruhe" ist überzeugt, dass ihr Umsatz steigt, wenn die Sonne scheint. Dann hofft sie auch, ihre pastellfarbenen Sommertaschen und Bademoden – alle reduziert – verkaufen zu können. Zwar gilt der Schlussverkauf noch immer als Kaufargument, weiß Andre Duschka von „Easy", aber das Geld sitze den Leuten nicht mehr so locker in der Tasche. Um 30 bis 70 Prozent hat auch er Saisonwaren reduziert, vor allem um das Lager für neue Kollektionen frei zu bekommen. „Kein Handelsunternehmen schreibt gegenwärtig schwarze Zahlen", weiß er, „nur gibt es keiner gerne zu". Bei allen Käuferschichten sei das Budget merklich geschrumpft, was sich im Einzelhandel sofort bemerkbar mache. Für Werder komme hinzu, dass die Anzahl der Läden in der Innenstadt nicht ausreiche für eine Einkaufs-City, in der Flanieren Spaß mache. Und durch das Einkaufszentrum auf der grünen Wiese gingen Kunden verloren, so Duschka. Doch auch im Werder-Park ist die Zahl der Schnäppchen-Jäger überschaubar. Die meisten kaufen Lebensmittel im Supermarkt und schauen gelegentlich beim Fachhandel vorbei. Anders das Mutter-Tochter-Einkaufsduo, das gerade im Dänischen Bettenlager Sonnenschirm, Kopfkissen und Bettwäsche kauft. Alles Angebote aus dem neuen Prospekt. „Werbung funktioniert“, bestätigt Filialleiterin Monique Timm: „Gestern waren etwa 500 Kunden hier. Die meisten interessierten sich für unsere Sonderangebote, vor allem die von der ersten und letzten Prospektseite". Kirsten Graulich

Kirsten Graulich

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })