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Potsdam-Mittelmark: Auch unterwegs in den eigenen Wänden

Die Camping-Renaissance lässt Manfred Rejall frohlocken – die Tourismusförderung für Ferch nicht

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Schwielowsee - Es ist die heimische Idylle zum Mitnehmen: Sonja Maehder und Jan-Christoph Oetjen sitzen vor ihrem Wohnwagen und genießen Ruhe und Sonnenschein. Das junge Paar aus dem Raum Bremen macht dieser Tage Urlaub am Schwielowsee und hat sich für eine Woche auf dem Campingplatz am Ortseingang Ferch niedergelassen. Nein, ins Ausland wolle er nicht unbedingt, erzählt Oetjen. Warum nicht? „Das hat nichts mit der Wirtschaftskrise zu tun. Ich halte mich einfach nur gern in Deutschland auf“, sagt er. Mit ihrem Wohnmobil liegen die beiden im Trend: Statt sich in Hotels einzuquartieren, übernachten immer mehr Touristen auf Campingplätzen – die meisten wegen der Wirtschaftskrise, wie die Deutsche Industrie- und Handelskammer jüngst bestätigte.

Der Fercher Unternehmer Manfred Rejall kann sich freuen: In diesem Sommer wird sein Campingplatz sehr gut angenommen. Dabei sind es längst nicht mehr nur Deutsche, die sich auf den 120 Stellplätzen häuslich niederlassen. „Letzte Woche waren hier mehr Holländer als Deutsche“, sagt er. Aber auch Skandinavier würden hier oft für eine Nacht anhalten, denn auf ihren Touren durch ganz Europa liege Ferch genau in der Mitte. Extrem zugenommen hätten die Zeltgäste: 30 Prozent mehr als im Vorjahr würden in diesem Sommer mit Stoffbehausung anreisen. Kein Wunder: „Die Zelte sind preiswerter geworden, sie lassen sich leicht aufbauen und man kann damit schnell auf die Wetterlage reagieren“, so Rejall.

Für den Unternehmer soll dieses Jahr das erste werden, in dem er schwarze Zahlen schreibt. Vor ungefähr zehn Jahren hat er hier angefangen, den Platz mit seinen eigenen Händen aufgebaut und viel Geld investiert. Zurücklehnen werde er sich aber nicht. „Hier sieht man den Chef noch bei der Arbeit“, lacht Rejall, während er die gerade geleerten Mülltonnen zurück an ihren Platz schiebt. Zwei Gäste winken ihm im Vorbeigehen zu, während sie sich mit Luftmatratzen auf den Weg zum Wasser machen. Seit 2005 betreibt Manfred Rejall auch das Strandbad Ferch, hat hier einen großen Pavillon mit Toiletten und Imbiss errichtet. Schreckte der regnerische Juni noch die Wasserratten ab, so herrscht jetzt bei gleißender Sonne und Wassertemperaturen von 21 Grad Hochbetrieb. 550 Besucher wurden hier am Wochenende gezählt.

Dennoch sei das Strandbad ein Risikogeschäft: „Es ist schwer berechenbar, wann wie viele Leute kommen“, sagt Rejall. Nachdem die letzten Betreiber ihren Hut nehmen mussten, hatte die Gemeinde den Betrieb des Strandbades in Eigenregie abgelehnt. Das wäre laut Rejall aber das Beste gewesen. „Ich mach das jetzt eher als Hobby.“

Generell wünscht sich der Unternehmer, dass die Gemeinde in Sachen Tourismus mehr machen würde. Kostenlose Parkplätze wie in Werder, eine extra Stelle in der Verwaltung für den Fremdenverkehr und mehr Rückhalt bei den Bürgern. „Neulich hat die Musikschule Fröhlich im Strandbad gesungen. Um 14 Uhr stand die Polizei vor der Tür – wegen Ruhestörung“, erinnert er sich kopfschüttelnd. Mehrmals betont der Unternehmer: „Schwielowsee will vom Tourismus leben. Ich muss davon leben.“ Rejall würde sich auch mehr Möglichkeiten für die Besucher in Ferch wünschen, denn im Moment würden die meisten seiner Gäste tagsüber nach Berlin, Potsdam oder Werder fahren. Wenn die obligatorische Radtour um den See erledigt ist, gibt es bis auf Bonsaigarten und Kossätenhaus nicht mehr so viel zu erleben.

Die Radtour um den Schwielowsee haben Sonja Maehder und Jan-Christoph Oetjen bereits gemacht, zwei Mal sogar, erzählen sie. Die Ruhe sei ja auch mal ganz schön. Nur eine Einkaufsmöglichkeit, die würden sich die beiden hier wünschen. Manfred Rejall übrigens auch.

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