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Heimspiel. Die Band Hasenscheisse ist der Lokalmatador bei „Rock in Caputh“, einige Bandmitglieder sind im Ort aufgewachsen. Zum ersten Mal seit Jahren blieb es bei ihrem Auftritt vor den rund 1 700 Festival-Besuchern trocken.

© Oliver Dietrich

"Rock in Caputh": Auf dem Acker zwischen Staub und Dixi-Klos

Das Festival "Rock in Caputh" ist der schönste Ort, um den Sommer zu beginnen. Eine Liebeserklärung.

Stand:

Schwielowsee - Ein wenig muss man schon dafür geschaffen sein, ein Wochenende in einem Zelt auf einem Acker zu verbringen, zwischen Staub und Dixi-Klos. Wenn man sich darauf einlässt, kann das aber durchaus Spaß machen – erst recht, wenn man sich schon zur Ankunft darauf verlassen kann, dass sofort nachbarschaftliche Hilfe naht, sollte man sich beim Aufbau des Zeltes dumm anstellen. Zelte sind nämlich eine Wissenschaft für sich.

Es ist gerade diese sympathische Entspannung, die auf dem wohl schönsten Festival der Region überall zu spüren ist. „Rock in Caputh“ hat sich in den vergangenen 15 Jahren immer wieder neu erfunden, ist gewachsen, geschrumpft, im Regen untergegangen, hat neue Freundschaften entstehen lassen und alte gepflegt. Für viele ist es mehr als nur ein Festival, bei dem ein paar Bands spielen: Es ist ein Wiedersehen, eine schöne Tradition, ein liebgewonnenes Zusammenrücken.

Von Unwetter verschont

Am Sonntag werden es grob geschätzte 1700 Besucher sein, die trotz des Streiks im Nahverkehr das Gelände an der Michendorfer Chaussee besucht haben – bereits am Freitag waren die orange-schwarzen Stoffbändchen, mit denen man bis vor die Bühne kommt, schlicht vergriffen – offenbar wurde mit deutlich weniger Besuchern gerechnet. Vielleicht lag es auch daran, dass Caputh dieses Jahr von Unwettern verschont blieb: kein Frieren, kein fröstelndes Ausharren in Nässe – stattdessen frühlingshafte Temperaturen und Sonnenschein. Und natürlich ganz viel Musik, die in diesem Jahr auf Regionalität setzte: Der Freitag beginnt mit Punkrock von Krisenexperiment, die Liedermacher Ernstgemeint, härtere Klänge von Glasscage. Und es gab auch ganz viel Show: Thee Flanders verwursteten elegant Hits der 80er-Jahre im Rockabilly-Modus und sagten jeden Song als Slayer-Coverversion an – ein Scherz, der nur auf Festivals funktioniert.

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Wer grundsolidem Punkrock den Vorzug gab, bekam den von Veto – einer der überraschendsten Bands des Festivals. Den größten Auftritt des Freitags hatten allerdings 44 Leningrad: „Bass, Bass, Balalaika“ sangen die, während Hunderte zu Songs mit russischem Akzent vor der Bühne tanzten. Das Finale des Freitags kam dann mit Sunna Sepdoom, die ein wahres Death-Metal-Brett von der Bühne ließen: Die Potsdamer reizten das Metal-Klischee voll aus – nach dem gelungenen Konzert zogen diese bärtigen Verrückten noch über den Campingplatz und sangen im Kanon über die Vorzüge von „Sicherheitspils“. Und wem Death Metal zu laut war, der konnte immerhin auch im Techno-Zelt tanzen.

Auf Hasenscheisse ist Verlass

Der Samstagmorgen beginnt mit Hip-Hop auf dem Campingplatz, Ameisen im Zelt und Diskussionen über die optimale Garzeit von Bratwürsten und die Effektivität von Lichtschutzfaktoren. Während sich die ersten Scharen Richtung Caputher Rewe-Einkaufsmarkt bewegen, verbringen andere die Zeit mit Trinkspielen. Als am Nachmittag mit den Werderanern Lennox die erste Band auf der Bühne stand, kam das, womit alle fest gerechnet hatten: Es fing an zu regnen. Ein „Rock in Caputh“ ganz ohne Regen ist einfach nicht möglich: Was soll's, die Gäste nahmen es gelassen, auch weil sich der Regen diesmal nicht durchsetzen konnte. Musik gab es ganz passend von The Grand Journey, die einen wunderbar entspannten Rock zauberten. Der Songcontest der Caputher Grundschule brachte dieses Jahr eine umjubelte Knorkator-Coverversion, bevor die großartige Band Hasenscheisse das „Rock in Caputh“ zum Beben brachte. Auf Hasenscheisse ist Verlass.

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Neben der Bühne im Sanitätszelt herrscht Entspannung, der Defibrillator bleibt in der Ecke: Wenn etwas von hier gebraucht wird, dann höchstens Blasenpflaster, sagt Sanitäter Gordon Kulbe. Richtig zu tun wird er erst am späteren Abend haben: „Ich freu mich auf die ganzen Knallköppe – und diese tiefsinnigen Gespräche darüber, was wir doch für eine gute Arbeit machen“, lacht Kulbe.

Als am Abend dann die bereits totgesagten Ruffians ihren phänomenalen Auftritt hinlegten, setzte etwas Wehmut ein: Viel zu schnell ging dieses Wochenende vorbei, viel zu lange muss man bis zum nächsten Jahr warten. Da tröstet nur schwer hinweg, dass man die Nacht wieder im eigenen Bett verbringen darf: Manchmal ist ein Zelt der wirkliche Palast.

Oliver Dietrich

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