
© Manfred Thomas
Von Hagen Ludwig: Auf der Suche nach den Unterschieden
Großes Interesse am Wahlforum mit den vier Nuthetaler Bürgermeisterkandidaten: Programme auf dem Prüfstand
Stand:
Nuthetal - Am kommenden Sonntag soll in der Gemeinde Nuthetal ein neuer Bürgermeister gewählt werden, und das Interesse der Einwohner scheint groß. Zur Podiumsdiskussion mit den vier Bewerbern kamen am Montagabend etwa 300 Gäste in die Aula der Rehbrücker Otto-Nagel-Schule. Ein großer Erfolg für die Organisatoren. Gemeinsam hatten der Förderverein für das Mehrgenerationenhaus, das Jugendparlament, der Seniorenbeirat und die Akademie 2. Lebenshälfte das Forum auf die Beine gestellt. Moderator Dirk Thiele und die Gäste suchten nun vor allem nach Unterschieden in den Positionen der Kandidaten – und wurden zumindest in Detailfragen fündig.
Die Kandidatin der Linken, Ute Hustig, warb als Vorsitzende des Finanzausschusses in Nuthetal besonders für eine verantwortungsvolle und sparsame Haushaltsführung. Unter anderem sprach sie sich für einen weiteren Schuldenabbau aus. „Die Gemeinde zahlt derzeit jährlich 230 000 Euro an Kreditzinsen. Mit diesem Geld könnten wir viele soziale und kulturelle Aufgaben finanzieren“, so Hustig. In dieser Frage gab es Konsens mit der SPD-Kandidatin Monika Zeeb und dem unabhängigen Kandidaten Rainer vom Lehn, den CDU und Grüne unterstützen. „Wir haben einen soliden Haushalt. Für die Zukunft sehe ich nicht schwarz“, sagte Zeeb. Nuthetals Bauamtsleiter Torsten Zado, der als unabhängiger Kandidat antritt, wollte indes nicht ausschließen, dass die Gemeinde auch künftig neue Schulden machen müsse, wenn es um den Erhalt kommunaler Werte, zum Beispiel bei der Straßensanierung gehe. Hier ticke eine finanzielle „Zeitbombe“, wenn an der falschen Stelle gespart werde, warnte Zado.
Streitthema bleibt die Schaffung neuer Kita-Plätze in der Gemeinde. Zeeb bekräftigte ihre Auffassung, dass es besser gewesen wäre, 40 neue Plätze durch eine Erweiterung der Rehbrücker Kita zu schaffen, weil in diesem Ortsteil der konkrete Bedarf bestehe. Zeeb ist Vorsitzende des Sozialausschusses, doch in dieser Frage steht die SPD allein im politischen Raum. Hustig und vom Lehn verteidigten den mehrheitlichen Beschluss der Gemeindevertretung, 18 neue Plätze durch einen Ausbau der Kita Saarmund anzubieten und bei Bedarf weitere Plätze an der Rehbrücker Schule zu schaffen. Laut Hustig sei das eine angemessene und kostengünstige Lösung. Vom Lehn führte zudem ins Feld, dass aktuell alle Wünsche nach einem Kita-Platz erfüllt werden konnten und die evangelische Kita in Rehbrücke sogar noch freie Kapazitäten habe. Für Diskussionsstoff sorgte die Ankündigung Zeebs, sie werde die Kita-Frage sofort wieder auf die Tagesordnung bringen, sollte sie als Bürgermeisterin gewählt werden. Demokratie bedeute auch, dass der Bürgermeister die Beschlüsse der Gemeindevertreter umsetzt, auch wenn er persönlich eine andere Auffassung hat, konterte Hustig.
Diskutiert wurde angesichts gewaltiger Schneemassen im vergangenen Winter auch über die Räumpflicht auf Nuthetals Straßen. Bis auf Zado waren sich alle Kandidaten einig, dass die Gemeinde künftig den Winterdienst zumindest auf stärker frequentierten Fahrbahnen übernehmen und die Kosten anteilig auf die Anwohner umlegen soll. Zado favorisiert eine andere Variante. Er schlug vor, die Gemeindevertreter sollten optional Geld in den Haushalt einstellen, das die Verwaltung dann im Bedarfsfall für den Winterdienst auf den Straßen abrufen könnte. Für die Einwohner wäre das kostengünstiger, so Zado. Die Verwaltung werde keinen Erfolg haben, wenn sie bei heftigem Schneefall kurzfristig noch eine Winterdienstfirma verpflichten wolle, hielt vom Lehn dem Vorschlag entgegen.
Einig waren die Kandidaten darin, dass sich die Gemeinde auf den demografischen Wandel einstellen muss. Im Jahr 2030 sollen laut den aktuellen Prognosen etwa 3300 Nuthetaler über 65 Jahre alt sein. Heute sind es 1500. Weitere Möglichkeiten für betreutes Wohnen sollten geschaffen werden, hieß es unisono. Vom Lehn, der den Nuthetaler Ortsentwicklungsausschuss leitet, plädierte für flexible Bebauungspläne. „Damit haben die Bürger die Chance, ihren Wohnraum jeweils altersgerecht umzugestalten und auch als Familie Mehrgenerationenhäuser zu bauen“, erläuterte er seine Vorstellung von zukunftsorientierter Ortsentwicklung. Schwierig scheint die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für junge Menschen, Studenten und Alleinstehende in Nuthetal, zumal die Gemeinde laut Zado keine eigenen Bauflächen habe. „Momentan sehe ich da keinen Ansatz“, erklärte er. Zeeb sagte, es sei wohl das Schicksal der Gemeinde, dass die Jugendlichen zur Ausbildung und zum Studium weggehen und dann als junge Familien zurückkehren. Hustig warnte indes: „Wenn die Jugendlichen einmal weg sind, kommen sie meist nicht mehr wieder“. Konkrete Vorschläge zu diesem Thema gab es nicht.
Für den von den Einwohnern vehement geforderten weiteren Radwegebau wollen sich alle Kandidaten einsetzen. Dabei sehen sie jedoch vor allem Land und Kreis als Baulastträger in der Pflicht. Priorität müssten die als Schulweg genutzten Strecken haben, wurde betont.
Schwer zu sagen, wer an diesem Abend die meisten Punkte gesammelt hat. Thieles abschließender Vorschlag, per Applaus zumindest nach einer Tendenz zu suchen, wurde von den Nuthetalern vehement abgelehnt. Schließlich sei die Wahl des Bürgermeisters geheim, hieß es.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: