Potsdam-Mittelmark: Auf Erfolgskurs mit geliehenem Paddel
Irene Zappe aus Caputh ist mehrfache Kanu-Weltmeisterin
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Schwielowsee · Caputh - Würden die Caputher ihre Sportlerin des Jahres wählen, hätten sie wohl keine Probleme. Schließlich kehrte in diesem Jahr Irene Zappe mit vier Gold-, drei Silber- und einer Bronzemedaille von den World Masters Games der Kanuten aus Kanada nach Caputh-Flottstelle zurück. „Diese Senioren-Weltmeisterschaften sind für mich mit dem ganzen Drum und Dran bis hin zur Abschlusszeremonie im Fahnenmeer der 84 Nationen unvergesslich“, erzählt sie.
Das erste Rennen bestritt Irene Zappe mit dem Leipziger Partner Siegward Karbe über die Marathondistanz 15 Kilometer auf dem mit vielen Hindernissen gespickten Sasketchewan River. Dort fuhren sie die erste Goldmedaille für die deutschen Rennkanuten heraus. Die jetzt 68-Jährige erlernte das Kanuten-Abc einst auf der Elbe im schmalen Kajak 1951 bei Chemie Piesteritz. „Das Training auf dem Fluss mit seinen tückischen Strömungen war die beste Schule“, sagt sie.
Die Seniorin nimmt bei den Wettkämpfen stets ein Handicap auf sich: „In meiner Altersklasse gibt es kaum noch Mitstreiterinnen. Deshalb starte ich bei den Jüngeren, denn über eine Medaille ohne Konkurrenz kann ich mich nicht freuen.“ So war sie auch in Kanada überglücklich, nach den 500- und 1000-Meter-Rennen im Kajak-Einer der Frauen jeweils auf dem höchsten Treppchen bei der Siegerehrung zu stehen. Einen weiteren Sieg holte sie sich mit Karbe im Mix-Zweier über 500 Meter. Mit der Australierin Jill Wavol erpaddelte sie sich im Zweier der Frauen Silber, ebenso wie im Mix-Vierer. Ebenfalls einen zweiten Platz belegte sie gemeinsam mit sechs anderen Frauen im Qutrigger-Boot, einem Mini-Drachenboot. Die errungene Silbermedaille feierte die Crew, als sei sie das Größte der Welt.
Während der Zeit bei Chemie Piesteritz holte sich Irene Zappe mehrmals DDR-Bestentitel. Meisterin konnte sie nicht werden, weil dieser Titel nur den Aktiven der Sportklubs vorbehalten war. 1988 nahm sie zunächst Abschied vom aktiven Kanurennsport, aber nicht vom Sport. Sie widmete sich mit ihrem Mann Siegfried dem alpinen Skisport. Aber 2003 kehrte das wasserliebende Ehepaar – der Ehemann ist leidenschaftlicher Angler und auch ab und zu Segler – zum nassen Element zurück. Seitdem trainiert Irene Zappe regelmäßig im Kajak. Das Sportgerät transportiert sie auf einem kleinen Bootswagen dreimal am Tag die rund 200 Meter von ihrem Zuhause hinunter zum Schwielowsee am Campingplatz Flottstelle. „So mancher wird wohl denken, die Frau spinnt, wenn ich manchmal erst abends zur Fernsehzeit mit dem Boot nach Hause komme.“
In Kanada wurde sie als „kleines Wunder“ geehrt und für einen Beitrag in der dortigen Presse fotografiert. „Wie ist es möglich, in diesem Alter noch erfolgreich Leistungssport zu betreiben, wollten die Journalisten wissen. Ich sage nur: Immer in Bewegung sein, oftmals im Nordic-Walking-Stil durch den Wald am Wietkiekenberg, und vor allem den inneren Schweinehund besiegen“, erklärt Irene Zappe.
Den Wassersportfreunden Pirschheide in Potsdam habe sie viel zu verdanken. „Den letzten Schliff für die Weltmeisterschaften holte ich mir auf dem Templiner See.“ Dort riet man ihr auch zu einem kürzeren Paddel. Mit dem geliehenen Gerät hat Irene Zappe sofort gemerkt,dass es leichter ging. Nur wenige Zentimeter, die sie sonst zum Sieg fehlten, wurden so gewonnen. Wolfgang Post
Wolfgang Post
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