Potsdam-Mittelmark: Auf Wiedersehen im Amtsgericht
Pächter und Verpächter in der früheren Plantage Berndt liegen im Clinch, dabei könnte hier am Glindowsee alles ganz friedlich sein
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Werder (Havel) - Die Zufahrt ist holprig, die Lage am Glindowsee wunderbar: Forsythien und Kirschbäume blühen, am Ufer sprießt das Grün und auf der anderen Seite ragt der Glindower Kirchturm knapp über die Baumwipfel. Doch Rainer Ganskow und Friedrich Herfurth fühlen sich gegenseitig in ihrer Ruhe gestört. „Das ist ein Lügner, ein Spinner ist das“, sagt Rainer Ganskow. „Der Mann ist ein Betrüger, ein Lügner“, sagt Friedrich Herfurth. Zwischen friedlichem Vogelgezwitscher kann man es heraushören: Pächter und Verpächter in der früheren „Obstplantage Berndt“ am Glindowsee liegen im Clinch. Am Montag waren auch noch Polizei und Presse dabei.
Es geht es um den wertvollen Wasserzugang. Oder um unbezahlte Rechnungen. Das kommt auf die Perspektive an. Rainer Ganskow ist Geschäftsführer der „Grundstücksgesellschaft Obstplantage Werder GbR“. Die hat vor zweieinhalb Jahren den stolzen Nordwestzipfel des Strengfelds erworben – laut Ganskow 100 000 Quadratmeter Land, das meiste im Landschaftsschutzgebiet. Wegen illegaler Baumfällungen war Ganskow schon mal mit der Naturschutzbehörde aneinandergeraten. 50 Bäume, „ein krasser Fall“, erinnert man sich dort.
Ganskow will aufräumen, wie er sagt: Obstbrachen, kaputte Gewächshäuser, eine baufällige Schmiede – der Weg zum Ufer sieht wirklich nicht so heimelig aus. In den wackligen Ziegelbauten am Wasser müssen einst der Plantagenbesitzer Berndt, seine Erntehelfer und die Pferde gelebt haben. Ganskow will sie, so sagt er, sanieren, wofür lässt er offen. Rechts und links davon sind, offenbar seit 1945, Bungalows entstanden. Die meisten werden bis heute genutzt und gepflegt: direkt am See, zumindest häufig mit Seeblick. Rund 70 Pächter habe er im Vertrag, sagt Ganskow.
Einer, gleich neben dem Gutshof, ist Friedrich Herfurth, 74 Jahre alt, früher Montageschlosser und Box-Ringrichter bei Motor Babelsberg. Seit 1977 ist er hier, sein Bungalow steht in der dritten Reihe auf einer 430 Quadratmeter großen Parzelle. Einen Bootssteg hat er, wie ein halbes Dutzend anderer Pächter, mit der Zeit trotzdem ergattern können: Just vor den Guts- und Erntearbeiterhäusern, die Ganskow derzeit herrichtet. Da liegt sein Boot.
Aus Herfurths Sicht will der Verpächter nun alle verjagen, die mit ihren abgezäunten Bootsstegen den Seezugang des früheren Gutshofs versperren. Herfurth präsentiert einen ganzen Packen unsortierter Unterlagen, Abmahnungen, Anwaltsschreiben, mit denen ihn sein Verpächter „wegmobben“ wolle. Wegen des abgestellten Wassers hat man sich schon mal vor dem Kadi getroffen, das Wasser läuft wieder. Zu seinem Bootssteg soll Herfurth auch nicht mehr dürfen. Inzwischen redet er kein Wort mehr mit seinem Verpächter. „Der ist nicht aufrichtig. Das geht alles nur noch über meine Anwältin.“
Friedrich Herfurth soll nun endgültig seine Winterlaube verlassen, sein Wohndomizil. Die Kündigung des Pachtvertrags soll Mitte Mai vor dem Amtsgericht ausgetragen werden. Rainer Ganskow behauptet, dass sein Pächter seit zwei Jahren keine Pacht gezahlt hat. Der bestreitet das, räumt immerhin ein, dass die Jahrespacht von 650 Euro fälschlicherweise an die frühere Verwaltungsgesellschaft Imverma weitergezahlt wurde. „Ich habe Herrn Ganskow nicht geglaubt, als der sagte, dass er der neue Eigentümer ist. Und die Imverma sagte mir am Telefon, die Pacht soll weiter an sie fließen.“ Ein unguter Irrtum: Tatsächlich soll es ein Auslassungsvermerk für Ganskows GbR im Grundbuch geben. Sicherheitshalber hat Herfurth im Januar auch an Ganskow überwiesen, „zweimal Pacht bezahlt“, wie er sich ärgert. Seine Anwältin hat es so empfohlen. Das andere Geld will der Rentner versuchen, zurückzubekommen.
Es ist was los in Berndts Plantage. Eine Bewohnerin kommt beim Vor-Ort-Termin auf den Autor und Herfurth zu: „Das ist nicht in Ordnung, wie hier mit einem so langjährigen Pächter umgegangen wird“, sagt sie. Auch andere Pächter – laut Herfurth alle Stegbesitzer vor dem Gutshof – hätten Streit mit Ganskow, einer ist nach einem Zusammenbruch gerade aus dem Krankenhaus zurückgekehrt und steht gekrümmt und mit rotem Gesicht am Gartenzaun. Seinen Namen will er nicht lesen. Dass er einen Teil seines Grundstücks an Ganskow zurückgeben soll, fühle sich an wie „ein Messer im Rücken“.
Ganskow legt harte Bandagen an, am Montag hat sich das ganz plastisch gezeigt: Mit einem Bagger war er auf dem Gutshof zugange. Als Klaus Herfurth mit dem Autor an einem Weg an der Grundstücksseite zu seinem Bootssteg will, stellt sich Ganskow mit zwei kampferfahren wirkenden Begleitern in den Weg, spricht von Hausfriedensbruch, Hausverbot, droht mit Klagen, beschimpft Herfurth als „Lügner“, will dem Autor die Berichterstattung und das Fotografieren verbieten. Selbst für die öffentlichen Straße „An der Chaussee“ will er ein Hausrecht in Anspruch nehmen und ruft deshalb tatsächlich die Polizei. Bis sie kommt, vermittelt Ganskows Frau.
Mit Friedrich Herfurth zum Steg geht es zwar nicht. Schließlich kommt Rainer Ganskow aber der Bitte nach einem Pressegespräch nach, zu dem dann irgendwann zwei freundliche Polizeibeamtinnen hinzustoßen. Eine Hausfriedensbruchs-Anzeige gegen Herfurth können sie Ganskow gerade noch ausreden, zur Schiedsstelle will er aber auch nicht vermittelt werden. Ganskow beruhigt sich, gibt schließlich sachlich Auskunft über seine Perspektive. Der Verpächter zeigt sich wütend über nicht gezahlte Pachten, spricht von unbezahlten Wasserrechnungen, illegalen Leitungen und wirft seinem Pächter Friedrich Herfurth sogar vor, seinen Müll bei ihm zu entsorgen. „Er muss sich hier wie alle anderen an die Regeln halten.“ Was den Steg angeht, wolle er doch nur einen Wasserzugang für alle seine Pächter, wie er betont: „Es kann doch nicht nicht sein, dass vier Leute das Wasser für sich reservieren.“ Stattdessen solle eine größte Steganlage gebaut werden. Mit den meisten habe er sich geeinigt, nur zwei seien „sturköpfig“.
Als sich die Polizistinnen mit der ganzen Mannschaft an Herfurths Pforte um ein Vermittlungsgespräch bemühen, wird nun Herfurth ausfallend, nennt Ganskow einen „Lügner“. Ein Gespräch kommt nicht zustande. Am 18. Mai vor dem Amtsgericht wird man nicht mehr daran vorbeikommen. Ob man danach wieder das Vogelgezwitscher am Glindowsee genießen kann? Gestern hatte Rainer Ganskow erneut mit der Naturschutzbehörde zu tun, weil er mit seinem Bagger eine Böschung abtragen wollte. Jemand hat ihn angezeigt. Und Herfurth will mit seiner Anwältin sprechen – weil Ganskow gestern einen Grundstückszaun bei ihm beschädigt habe.
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