
© Frederick Stobbe
Potsdam-Mittelmark: Auf Zeitreise mit Friedrich dem Großen
Filmgymnasiums-Schüler suchen in Glindower Ziegelei nach dem Material, aus dem Potsdam gebaut ist
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Werder (Havel) - Was würde Friedrich der Große wohl zum Neubau des Stadtschlosses sagen? Oder dazu, dass eine Straßenbahn durch sein Nauener Tor rauscht? Und ob ihm Schinkels klassizistische Nikolaikirche gefallen würde? Beantworten lassen sich diese Fragen heute nicht mehr, die Schüler des Geschichts-Leistungskurses des Babelsberger Filmgymnasiums wollen sich aber wenigstens damit auseinandersetzen.
Dazu sind sie zunächst einmal aus der Stadt raus und nach Glindow gefahren. Dort, in der Ziegelei, wollten sie am Donnerstag herausfinden, aus welchem Stoff Potsdam gebaut ist. Denn viele der Steine, die der ambitionierte Bauherr Friedrich II. (1712-1780) in Potsdam verbauen ließ, wurden hier gebrannt. Mit dem Projekt „Potsdams Zentrum im Wandel der Zeit“ machen sich die 14 Jugendlichen auf die Suche nach Spuren des friderizianischen Stadtkerns.
Aus den Ergebnissen ihrer Recherche soll im kommenden Jahr ein Film entstehen, der im Rahmen der großen Friedrich-Ausstellung der Preußischen Schlösserstiftung gezeigt wird. Die Recherche in Glindow betreiben sie mit vollem Körpereinsatz: „Man darf keine Angst haben, sich die Hände schmutzig zu machen“, sagt Thomas Jürgeleit. Auch auf seinem T-Shirt sieht man die Lehmspuren noch deutlich. Beim Füllen der Ziegelformen komme es weniger auf Kraft denn auf Geschicklichkeit an: „Mit einem Schlag muss der weiche Lehm in die Form eingepasst werden, überschüssige Masse wird mit einem Draht abgezogen.“
Bevor die 11-Klässler in Glindow das alte Handwerk kennenlernen durften, stand am Montag auch schon ein Besuch bei der Denkmalschutzbehörde an. Während sie in Glindow eher die sinnliche Arbeit mit Lehm und den über hundert Jahre alten Werkzeugen begeistert, waren die Schüler in der Behörde vor allem von der großen Ehrfurcht vor den alten Akten und Dokumenten beeindruckt. „Nur mit Samthandschuhen durften wir uns die Dokumente ansehen“, erzählt Thomas Jürgeleit.
Die so gewonnenen Erfahrungen sollen ab April in die Dreharbeiten mit einfließen. „Das Thema Friedrich der Große lag nahe, schließlich wäre 2013 sein 300. Geburtstag“, sagt Lukas Koallick. Für die 16-Jährigen ist es das erste eigene Filmprojekt, bislang steht die Geschichte nur in groben Zügen: Friedrich II. landet durch eine Zeitreise im Jahr 2012. Auf einem Rundgang durch „seine“ Stadt begutachtet er, was von seinen Bauten übrig ist. Für Lukas besonders reizvoll: „Schauspielerisch kann man hier mit vielen Emotionen spielen, von Verwunderung und Freude bis hin zu Wut.“
Der Film ist ein Folgeprojekt, im vergangenen Jahr hatte eine Gruppe Schüler den Sprung ins 18. Jahrhundert gewagt – zumindest filmisch. „Das teuerste war damals die Perücke für den Friedrich-Darsteller“ erinnert sich Beate Eisner. Die Englischlehrerin leitet das Projekt, das mit 1 800 Euro von der Stiftung Denkmalschutz gefördert wird. Für Eisner liegen die pädagogischen Vorteile dabei klar auf der Hand: Die Motivation, einen eigenen Film zu machen, ist bei Jugendlichen extrem hoch.“ Gleichzeitig lernten sie dabei, sich ein Thema hart zu erarbeiten – und das im Team.
Trotzdem ist es für die Schüler schwer vorstellbar, die fertigen Ziegel nach dem Brennen aus einer der 14 Kammern des Ringofens per Hand abzutragen – auch nach dem Auskühlen ist es darin noch saunawarm. Kein Wunder: Während des Brennens rieselt glühende Kohle über die aufgeschichteten Steine.Ariane Lemme
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