Von Hagen Ludwig: Aufruhr an den Havelseen
Heftiger Protest gegen vorgeschlagene BBI-Anflugrouten / Korridor westlich der A10 gefordert
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Potsdam-Mittelmark / Potsdam - Die jüngsten Vorschläge der Deutschen Flugsicherung (DFS) für die künftigen Anflugrouten zum BBI stoßen in der Werderaner Havelsee-Region und in Potsdam auf massive Kritik. Wie berichtet, hatte die DFS am Montagabend konkrete Korridore vorgestellt, die zur Hauptverkehrszeit von den Flugzeugen in Richtung Schönefeld genutzt werden sollen. Einer dieser Korridore verläuft genau über Werder (Havel), Teile von Potsdam und die Havelseen. Bürgerinitiativen und Kommunen der Region laufen jetzt dagegen Sturm. Sie haben zwei konkrete Forderungen: Die Westgrenze für die Anflüge soll außerhalb des Berliner Rings gezogen werden. Und im Bereich westlich des Autobahndreiecks Werder, das heißt am Schnittpunkt von A 2 und A10, soll ein fester Überflugpunkt festgelegt werden.
Offizieller Protest kommt von den Bürgermeistern aus Werder und Schwielowsee, Werner Große und Kerstin Hoppe (beide CDU). „Ich bin entsetzt über die jüngsten Vorschläge“, sagte Große gestern den PNN. „Komprimiert würden die landenden Flugzeuge in 1000 Meter Höhe über unsere beiden anerkannten Erholungsorte hinwegdonnern. Das wäre eine Katastrophe“, so Werders Bürgermeister. Sein Eindruck: „Um Berlin zu verschonen, werden wir jetzt außerordentlich belastet.“
Ärger ist auch aus Richtung Potsdam im Anflug. „Die neuen DFS-Vorschläge sind auf keinen Fall hinnehmbar. Potsdam droht die Totalverlärmung“, warnte Markus Peichl von der Bürgerinitiative der Landeshauptstadt. Und Peter Kreilinger von der Bürgerinitiative „Fluglärmfreie Havelseen“ beklagt: „Diese Anflugpläne sind der ,worst case’ für unsere Gemeinde.“ Die gesamte Zuführung für die nördliche Landebahn solle nun ausgerechnet von Nord nach Süd über Werder, Caputh und Geltow oder über Potsdam erfolgen. Und über Wilhelmshorst und Michendorf werde dann gedreht. „Auf diese Weise würde die gesamte Region unter einem Dauerlärmteppich verschwinden“, befürchtet Kreilinger. Betroffen wären 45000 Einwohner.
„Wir sind jedoch zuversichtlich, dass dies ein unüberlegter erster Wurf ist und die DFS sich aktiv bemühen wird, ihn zu verbessern“, erklärte der Initiativensprecher. Richtig wäre indes, die Westgrenze für Anflug-Korridore außerhalb des Autobahnrings zu ziehen, so wie es die Bürgerinitiativen und betroffene Havelsee-Kommunen seit geraumer Zeit fordern.
Die Anflugrouten sollen erneut ein Thema auf der Sondersitzung der Fluglärmkommission am 28. März werden. Klar ist allerdings , dass die von der DFS vorgestellten Korridore nur in der Hauptverkehrszeit genutzt werden sollen, um anfliegende Flugzeuge zu staffeln. Anders kann es in verkehrsärmeren Zeiten aussehen, wenn die Piloten ohne Umwege in der Luft die Landebahnen erreichen könnten. Auch dafür müsse eine klare Lösung auf den Tisch, die massiven Fluglärm über der gesamten Region im Südwesten Berlins verhindere, so Kreilinger. Deshalb fordert die Havelseen-Bürgerinitiative einen ganztägig gültigen „mandatory fly-over waypoint“ – einen Punkt, der überflogen werden muss – im Bereich westlich des Autobahndreiecks Werder. Bei einem solchen festen Überflugpunkt würde es für die Piloten keinen Sinn mehr ergeben, auf dem Weg nach Schönefeld über die Havelseen, Potsdam oder Wannsee zu fliegen.
Unterstützung für diesen Vorschlag gibt es auch von anderen Initiativen des Bündnisses „Berlin-Brandenburg gegen neue Flugrouten“. „Er deckt sich mit unserer Grundforderung: Keine Flüge über dicht besiedelte Gebiete, die von den geraden An- und Abflugrouten abweichen“, erklärte der Sprecher der Kleinmachnower Initiative, Michael Lippoldt.
Protestieren wollen die Kleinmachnower künftig auch mit kleinen Gruppen im Flughafengebäude Schönefeld. Für den kommenden Sonntag habe man bei Polizei und Flughafengeschäftsführung bereits eine Demonstration angemeldet, so Lippoldt. Geplant sei sie in der Zeit von 13.30 bis 16.30 Uhr. Sollte die Flughafengesellschaft die Anmeldung nicht bestätigen, wollen die Kleinmachnower Fluglärmgegner noch am Freitag beim zuständigen Amtsgericht einstweiligen Rechtsschutz beantragen, kündigte Lippoldt an.
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