zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Auftauen im Inselparadies

250 Delegierte des Europäischen Jugendparlaments in Petzow empfangen / Vielfalt mit Käse, Kaviar und Currywurst

Stand:

Werder · Petzow - Nicht nur die bunte Kleidung signalisiert: Wir sind unkonventionell. Auch die Sitzordnung ist Ausdruck dafür, dass hier alles lockerer zugeht als in anderen Parlamenten. Denn statt Stühlen, bevorzugten die rund 250 Delegierten des European Youth Parliament (EYP) zu Sitzungsbeginn am Samstag den Fußboden der Mensa im Inselparadies Petzow. Und ganz offensichtlich genossen sie diese Bodennähe, obwohl sich an den Wänden aufgetürmte Stapelstühle reihten.

Ein Stimmengewirr von rund 30 Sprachen erfüllte den Raum, und in dieses Fluidum mischte sich jene Spannung, die etwas Bevorstehendes ankündigt. Und nachdem der Europaabgeordnete Norbert Glante (SPD) die jungen Gäste in seiner Heimatstadt begrüßt und ermuntert hatte, bei der Gestaltung Europas mitzuwirken, begann das Stadium des Kennenlernens. Jede Gruppe stellte sich und ihr Land mit einem Lied vor, und dieses internationale Potpourri sorgte schnell für gute Stimmung.

Beim italienischen Partisanenlied „Bella ciao“ und bei „Yellow Submarine“ von den Beatles stimmten die anderen sofort mit ein. Anschließend stand „Teambuilding“ auf dem Programm, und bei den frühlingshaften Temperaturen gab es keinen besseren Platz als draußen im Gelände zwischen Glindowsee und Grellbucht unter großen Buchenbäumen. Die neu gemischten Teams sollten nun auf spielerische Art ihre Hemmungen abbauen. „Einen Tag dauert das schon, ehe alle so richtig auftauen“, berichtete Tillmann Beck vom Organisationsteam aus seinen Erfahrungen vorangegangener „Sitzungen“. Nach vier Namensspielen, den „Namegames“ kenne man sich schon etwas, und auch wenn Außenstehenden solche Spiele albern erscheinen, funktioniere die Methode.

Der Abend war dann kulinarischen Spezialitäten gewidmet, um auch so die Vielfalt Europas zu dokumentieren. Schweizer Käse sei beispielsweise lecker, ebenso der Kaviar, den russische Teilnehmer mitbrachten, erzählt Tillmann Beck. Gewöhnungsbedürftig seien dagegen getrocknete Schweineohren und Lebertran. Rote Grütze, Currywurst und Fassbrause bot diesmal die deutsche Delegation an.

Einzelne Teilnehmer stellen zudem am Donnerstag im Potsdamer Nikolaisaal ihre musischen Talente vor. Neben Klaviermusik und Jazz werden auch Flötentöne eines jungen Rumänen zu hören sein, der in seiner Heimat Musik im Fach Panflöte studiert. Der interkulturelle Dialog, der noch bis zum 1.April von allen Teilnehmern geführt wird, soll vor allem eine Plattform sein für die Jugendlichen, ihre Vorschläge und Visionen für ein künftiges Europa zu entwickeln.

„Es geht nicht darum Parteien zu vertreten, sondern die eigene Meinung“, erklärt Adrian Loets vom Org-Team, dass jede Gruppe sich in den nächsten Tagen mit einem speziellen Thema auseinandersetze, um anschließend eine Resolution zu erarbeiten. Alle Debatten werden in Englisch geführt, und das Themenspektrum reicht dabei von der Frage einer möglichen zweiten Auflage der EU-Verfassung bis Migration und Integration.

Ein gemeinsames Europa sei für Jugendliche meist selbstverständlicher als für ihre Eltern, auch die Bereitschaft es neu zu definieren sei größer. „Wir hoffen, dass die Resolutionen dann auch als Stimme Europas wahrgenommen werden“, sagt Adrian Loets. Er registrierte, dass sich besonders Jugendliche aus den neuen EU-Ländern aktiv einbringen, besonders die Balten und Tschechen. Seine Hochachtung gelte aber besonders der Gruppe aus Weißrussland, die aufgrund der politischen Verhältnisse in ihrem Heimatland als verbotener Verein gelte und es deshalb nur mit viel Geschick ermöglichen konnte, an der Sitzung teilzunehmen. Eigentlich wisse man wenig über die östlichen Nachbarn, meint Loets, und das Treffen sei daher eine Chance, mehr über die Ansichten von Jugendlichen dieser Länder zu erfahren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })