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Potsdam-Mittelmark: Aus der Traum
Werders Traumfängern wurde der Mietvertrag gekündigt. Der Freizeittreff muss sich massiv einschränken
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Werder (Havel) - Es ist ein Bürgertreff, von dem andere träumen: 25 quirlige Ehrenamtliche, 380 Quadratmeter Fläche, wöchentlich 30 Kurse. Tanz- und Theaterräume, Töpferwerkstatt, Spielecke, Familiencafé – die Einrichtung im Bürohaus der Havelauen ist in den zwölf Jahren seit ihrer Gründung zum wichtigsten Freizeittreff außerhalb der Sportvereine gewachsen. Kindertanz, Karate, Töpfern, Nähen – über 230 Kinder und 40 Erwachsene nutzen die Angebote. „Besonders für Vorschulkinder schließen wir eine Lücke“, sagt Sigrid Michalcik vom Vorstand des Traumfänger Werder e.V. Für viele Eltern ist es überdies ein Kiez-Treff. Mit den tollen Bedingungen ist es im Juli vorbei. Dem Trägerverein ist der Mietvertrag gekündigt worden – jetzt wird versucht zu retten, was zu retten ist.
Der Konflikt wäre einfach zu beschreiben, wenn es eine profitgierige Heuschrecke wäre, die den Verein vom angestammten Platz vertreiben will. Der Werderaner Unternehmer Jürgen König, der das halb vermietete Bürohaus vor einem Jahr von der insolventen Mega AG gekauft hat, passt nicht in dieses Bild. Der Mann aus Stade ist seit über 20 Jahren hier aktiv, war Inhaber einer großen Spezialbaufirma und ist jetzt im Immobilienbereich tätig. König glaubt an den Standort Werder, will aber nicht enden wie die Mega AG. Vom Zweiradmuseum musste er sich schon verabschieden. Die günstige Quadratmetermiete von 50 Cent kann er auch dem Traumfänger nicht mehr bieten. Seine Vorstellung von 4 Euro hält König immer noch für moderat. Für die Ehrenamtlichen, die den Familientreff in ihrer Freizeit aufgebaut haben, hört sich das freilich viel an, sagt Sigrid Michalcik.
Der Verein hat verschiedene Hebel in Bewegung gesetzt, damit er seine Arbeit zumindest teilweise fortführen kann: So wurde die Stadt angesprochen, ob sie ihren jährliche Förderanteil von 4000 Euro aufstocken würde. Die Bereitschaft besteht – wenn auch der Verein an seinen Einnahmen arbeitet und seine Angebotsbreite „auf das Bewährte“ beschränkt, wie Beigeordnete Manuela Saß betont. Auch mit Jürgen König hat sich der Vorstand über Alternativen unterhalten und mit den Mietern, die dem Bürgertreff vielleicht nachfolgen sollen. Sie sind offenbar nicht daran interessiert sind, dass die „Laufkundschaft“ von dannen zieht.
Wie also sieht die Zukunft des Standortes aus? Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss, wünscht sich Jürgen König, sollen sich künftig Ärzte und Anbieter aus dem Sport- und Gesundheitsbereich ansiedeln. Die versteckte Biostube soll einen etwas prominenteren Standort bekommen. Ein Rehasportzentrum und eine Physiotherapie sind als Nachmieter für die Traumfänger-Flächen bereits im Gespräch. Die Traumfänger müssten sich unter den gegebenen Umständen deutlich verkleinern.
Immerhin besteht das Angebot, eine knapp 200 Quadratmeter große Fläche im ehemaligen Zweiradmuseum anzumieten. Möglicherweise könnte ein Bereich mit dem Rehasportzentrum gemeinsam genutzt werden, sagt Sigrid Michalcik. Einschränken müsse man sich so oder so. Auch bei den günstigen Kursgebühren von 12 Euro pro Monat werde es kaum bleiben können. „Wir wollen aber gern noch ein Anlaufpunkt für alle sozialen Schichten bleiben“, sagt Michalcik.
Eine abschließende Lösung gibt es also nicht, und ein bisschen träumen die Traumfänger noch, dass es weitergeht wie bisher – vielleicht ja auch an einem anderen Standort. Von Eltern geht der Appell ans Rathaus, jetzt nicht zu kneifen und großzügig zu sein. „Die Stadt sollte mal gegenrechnen, was hier geleistet wird und was der Traumfänger für die Attraktivität der Havelauen bedeutet“, sagt Stefan Marten, der seine zweijährige Stine regelmäßig zum Tanzkurs bringt. Henry Klix
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