zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Ausrufezeichen in Werders Altstadt

Im Sanierungsgebiet werden jetzt auch schwierige Projekte angefasst – zur Freude des Bürgermeisters

Stand:

Werder (Havel) - Es ist eine italienische Variante der Inselstadt vor hundert Jahren: Ein kleines Haus, in dem gearbeitet und gewohnt wird. Unten das Eiscafe „dolci e gelati“, oben die Wohnung und auf dem Hof dann noch das Eislabor. Ganz typisch, aber selten geworden: Der dekorative Holzvorbau am Ladeneingang. Dass das Gebäude in der Torstraße 4 ein Neubau ist, sieht man erst auf den zweiten Blick. 320 000 Euro haben Mario und Annamaria Farrugio investiert, um sich hier, rund 300 Meter von ihrem Restaurant „Pane É Vino“ Unter den Linden entfernt, ein zweites Standbein aufzubauen.

Rathaus und Sanierungsträger stellten gestern bei einem Presserundgang den neuesten Stand bei der Rekonstruktion der historischen Innenstadt von Werder vor. 1993 ist das Areal mit Inselstadt, Straße Unter den Linden und Eisenbahnstraße zum Sanierungsgebiet geworden – Bauherren bekommen einen 40-prozentigen Zuschuss für die Rekonstruktion von Gebäudehüllen, wenn sie sich an die gestalterischen Vorgaben halten. Dass Lückenschlüsse wie in der Torstraße auch ohne Fördermittel möglich sind, freut Bürgermeister Werner Große (CDU) besonders. Er sieht weitere Zeichen für die Attraktivität des Werderaner Immobilienmarktes: Denn jetzt, so Große, haben auch große Objekte auf der Inselstadt, wie das Lendelhaus oder das Café Wien, Liebhaber gefunden. Nicht zuletzt ist durch die Stadt das Schützenhaus zum Bürgerhaus geworden (PNN berichteten). Und selbst für große Miethäuser am Rande des Sanierungsgebiets, die jahrelang fast leer standen, gäbe es Investoren.

Im Fall der Eisenbahnstraße 202 hat sich das Werderaner Architekturbüro „Planstudio“ für den Erwerb entschieden. Das Architektenduo Monika Hermann und Ulrich Ertelt, sonst mit Denkmalsanierungen in Potsdam, Berlin und Werder befasst, hat damit ein Ausrufezeichen gesetzt. Von der Jugendstilfassade war beim Baustart nichts mehr übrig. Die Bemalung mit Weinreben hat Ertelt selbst völlig neu entworfen: „Es sollte etwas mit Werder zu tun haben.“ Eine Million Euro hat die Rekonstruktion gekostet, die 15 Wohnungen und zwei Büroflächen (ein Rechtsanwalt und ein Finanzdienstleister) im Erdgeschoss sind vermietet. Der Wohnungsmietpreis liegt zwischen 5,40 und 6,20 Euro pro Quadratmeter, die Betriebskosten halten sich durch eine Solartherme in Grenzen.

Ein paar Meter weiter sind gerade die Gerüste am Gründerzeithaus Unter den Linden 10 gefallen, die Berliner Immobilienfirma „Retabel“ hat hier einem der prägenden Gebäude in der City seine Ursprungsform zurückgegeben. Und Geschäftsführerin Jolanta Traboulsi ist nicht bange, für die acht noch freien Wohnungen bei Mietpreisen zwischen fünf und sechs Euro noch Mieter zu finden. Drei Wohnungen sind unmittelbar nach Beginn der Vermarktung vermietet gewesen. Im Erdgeschoss gibt es mit einer Apotheke und einer Finanzberatung neue Gewerbemieter. Für die benachbarte Hauslücke am Plantagenplatz kommt ein drei- bis viergeschossiger Neubau infrage, Pläne dafür gibt es noch nicht.

Dafür wird eine Lücke im Herzen der Insel geschlossen: Am Markt sollen demnächst die Bauarbeiten für „ Markthäuser“ beginnen, die Investorin Annette Gast ist bereits als Inhaberin des Hotels Prinz Heinrich bekannt. „Der Bauantrag ist gestellt. Sobald die Baugenehmigung da ist, geht es los.“ Die drei Gebäude ließen sich als Einfamilienhäuser oder als sechs Mietwohnungen einrichten – das sei den Käufern, nach denen jetzt gesucht wird, freigestellt. Die andere Hälfte der riesigen Baulücke, die noch als Folge des Zweiten Weltkriegs besteht, gehört der städtischen Wohnungsgesellschaft HGW, die hier nächstes Jahr mit dem Bau von Häusern beginnen will. Um das Leben hier noch angenehmer zu gestalten, hat die Stadt den Markt seit zwei Wochen verkehrsberuhigt, die Diagonalstraße ist durch Pfosten und Blumenkästen abgesperrt und soll nächstes Jahr vom Hotel zur Insel zum Teil als Biergarten bewirtschaftet werden. Die Inselbevölkerung hat sich hier vor hundert Jahren schon getroffen. Henry Klix

DER SACHSTAND

Im Sanierungsgebiet Werder sind seit 1993 Baumaßnahmen an 207 Häusern mit 35 Millionen Euro gefördert worden. Geld gibt es für Verschönerungen und Hüllensanierungen wie bei der Eisenbahnstraße 202 (oben). Auch Jolanta Traboulsi (Mitte) bekam für ihr Haus Unter den Linden 10 einen Zuschuss. Neubauten, wie sie Annette Gast Am Markt plant (unten), werden nicht gefördert. Doch auch hier gibt es gestalterische Vorgaben. Bis 2013 sollen noch 141 Gebäude mit Fördergeldern verschönert oder saniert werden, dann wird es keine Zuschüsse mehr geben. Für die Sanierung öffentlicher Flächen werden Ausgleichbeiträge von den Eignern kassiert.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })