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Ein Ölbild von Samuel Theodor Gericke erinnert im Schloss an das Treffen.

© A. Klaer

Von Gerold Paul: Außer Spesen nichts gewesen ?

Im Schloss Caputh wurde an das „Dreikönigstreffen“ im Jahr 1709 erinnert

Stand:

Schwielowsee - Außer Spesen nichts gewesen, beim historischen „Dreikönigstreffen“ in Potsdam und Caputh des Jahres 1709? Es sieht so aus, denn die Historiographen früherer wie heutiger Feder übergehen für gewöhnlich, was damals in ganz Europa allerhöchste Beachtung fand. Das Preußen Friedrich I. war gerade mal neun Jahre alt, als ihm mit dem Dänenkönig Friedrich IV. und August II., dem Starken zwei bedeutend gekrönte Häupter Europas einen Besuch abstatteten. Preußens erster König war zwar am Erbfolgekrieg im Westen beteiligt, verhielt sich aber gegenüber den Machtgelüsten des Schwedenkönigs Karl XII. neutral. Die beiden Altgedienten nun wollten ihn, von Dresden kommend, in eine Allianz gegen den Nordmann einbinden. Leichter gesagt als getan, neben den politischen Gesprächen galt es unter den Vettern ja auch, Rang und Etikette sicherzustellen.

Unter dem übergreifenden Titel „Möglichkeiten und Grenzen höfisch-dynastischer Selbstdarstellung" referierte der Historiker Vinzenz Czech von der Universität Potsdam, gestern im vollbesetzten Seitenflügel vom Schlosse Caputh über dieses „dynastische Großereignis“, welches auf den Tag genau vor dreihundert Jahren hier geschah. Präziser gesagt, fand der offizielle Empfang im Stadtschloss zu Potsdam statt, die Majestäten wünschten nicht, in der Residenzstadt Berlin empfangen zu werden, das hätte den selbstgekrönten König in Preußen zu sehr aufgewertet. Weil aber Prinzessin Sophie Charlotte dort gerade ihre Wilhelmine (später zu Bayreuth) gebar und die gekrönten Häupter gern die Patenonkels sein wollten, kam es anders: Nach einem Besuch in Oranienburg reiste man nun ins Herz von Berlin, was den europäischen Beobachtern viel Spekulation abrang.

Etikette war im Barockalter ungefähr so wichtig, wie noch heute beim G-8-Gipfel. So einigten sich Friedrich IV. und August an der preußischen Grenze durch Losentscheid, wer an welchem Tag die Nummer Eins sein sollte, es gab ja immer nur eine „Königslogies“, einen Begrüßungs-Ersten.

König Zufall freilich brachte das „Protokoll“ gleich mehrmals durcheinander: Sollte zur ersten Begrüßung die Kutsche rechtherum vorfahren, damit der Däne losgerecht der Erste war, so machte August das Rennen, „menschliches Versagen“, vermutete man.

Caputh spielte in diesen Tagen um den 12. Juli 1709 eigentlich keine Rolle, außer dass dort „überaus stark getrunken“ wurde, wie ein Chronist überliefert. Noch bei den abendlichen Offizialitäten im Stadtschloss waren die Illustren nicht wieder klar im Kopf. Die beiden Großen rangen Friedrich I. zwar die Zusage für eine militärische Allianz ab, dieser aber nahm sie zugunsten einer Defensiv-Variante bald zurück. Die Sache hatte sich ohnehin erledigt, Rußlands Sieg über Karl XII. machte das „Dreikönigstreffen“ justament überflüssig. „Etikette“ (und Spesen) waren sowieso wichtiger als ein politisches Ergebnis, meinte der Redner. Neben wenigen Schriftstücken blieb der Nachwelt ein Ölbild des Malers Samuel Theodor Gericke in vier Versionen, die „englische Fassung“ hängt in Caputh: Drei gleich Große, eine Allianz, so war das gedacht. Schon die nächste Generation bezweifelte und belächelte das.

Gerold Paul

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