
© eb
Potsdam-Mittelmark: Auszubildende mit Umgangsformen
Das Michendorfer Autohaus Kühnicke wurde vom Landkreis für Nachwuchsförderung ausgezeichnet
Stand:
Michendorf - Es gibt immer weniger Auszubildende im Landkreis und die Schulnoten der Bewerber werden immer schlechter. Diese Kritik von Arbeitgebern hört man derzeit fast überall. Der Michendorfer Autohausbesitzer Sirko Kühnicke hat aufgehört, sich zu beschweren: Er wirbt aktiv um Jugendliche. Dafür bekam er kürzlich vom Landkreis den Preis für Nachwuchsgewinnung.
Sieben Auszubildende hat Kühnicke derzeit in seinem Betrieb. Eine stolze Zahl für ein Autohaus mit 36 Mitarbeitern. Drei junge Leute lernen bei ihm KfZ-Mechatroniker, jeweils zwei lassen sich zur Automobil- beziehungsweise Bürokauffrau ausbilden. Um Nachwuchs wirbt Kühnicke seit drei Jahren, indem er sich an den Oberschulen in Beelitz und Wilhelmshorst regelmäßig präsentiert. Außerdem beteiligt er sich an Aktionen des Landkreises, um mehr Mädchen für technische Berufe zu begeistern. „Wer sich nicht sicher ist, kann bei uns für ein bis zwei Wochen ein Praktikum machen“, sagt Sirko Kühnicke. So manch Jugendlicher bewirbt sich danach statt auf einen Werkstattjob lieber für das Büro. „Es ist kein einfacher Job, jeden Tag über der Motorhaube zu hängen.“
Um Gesundheitsschäden vorzubeugen, kümmert sich der Betriebsarzt auch um die Azubis und zeigt, wie man Haltungsschäden vorbeugen kann. Ein weiterer Pluspunkt für Kühnickes Auszubildende. Außerdem schickt er sie freiwillig zu Weiterbildungen der Handwerkskammer. „Der Kurs zu Umgangsformen beispielsweise ist auch für die Mechatroniker nützlich, um zu lernen, wie man den Kunden richtig behandelt“, sagt Kühnicke. Um sicher zugehen, dass die Azubis zu seinem Unternehmen passen, müssen sie vor Ausbildungsbeginn ein paar Tage zur Probe arbeiten.
Dafür bringt ihnen der Chef viel Vertrauen entgegen. So darf Nicole Huschke, Bürokauffrau-Auszubildende, bereits im 1. Lehrjahr Besorgungen außer Haus erledigen. „Das Betriebsklima ist super und jeder nimmt sich Zeit, meine Fragen zu beantworten“, sagt die 19-Jährige. Auch die Abstimmung zwischen dem Betrieb und der Berufsschule in Werder (Havel) sei super.
Martin Wolf, Azubi zum KfZ-Mechatroniker im 3. Lehrjahr, sieht das ähnlich: „Ich habe mich bei mehreren Betrieben beworben und hier hat es mir nach der Woche Probearbeit einfach am besten gefallen.“ Inzwischen darf er schon komplette Motoren ausbauen. Besonders schwierig sei jedoch die moderne Fahrzeugelektronik. „Da muss man sich richtig dahinterklemmen, um alles zu verstehen“, sagt Wolf. Der 22-Jährige weiß, dass er sein Wissen auch später anwenden können wird: Seine Übernahme zur unbefristeten Anstellung ist bereits geregelt. Auch ein Kollege, der erst im nächsten Jahr auslernt, hat schon die Zusage für einen festen Arbeitsplatz. Jetzt müsse Sirko Kühnicke zufolge nur noch geklärt werden, wie der junge Mann zu einem LKW-Führerschein kommt. Den braucht er, da das Unternehmen zum Notdienst von VW gehört und im Ernstfall ein Mechaniker mit dem Abschleppwagen raus muss.
Ganz uneigennützig ist Kühnickes Engagement für seine Auszubildenden nicht. Der Konkurrenzdruck sei ziemlich hoch, um fähige Kaufleute und Mechatroniker werde zwischen den Autohäusern geworben. „Wer einen guten Abschluss hat, hat einen Arbeitsplatz in der Region sicher“, sagt der Firmenchef. Enrico Bellin
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: