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Aus dem GERICHTSSAAL: Automaten geplündert

Einbruch in Werderaner Spielcenter möglicherweise nur vorgetäuscht

Stand:

Werder (Havel)– Alles deutete am 10. März vorigen Jahres auf einen Einbruch hin. Die Angestellte des Werderaner Spielcenters fand beim Antritt ihrer Frühschicht mehrere aufgehebelte Türen vor. Zwei der drei Bewegungsmelder waren abgeklebt, die sechs Spielauto maten geleert. Die Polizei stellte wenig später jedoch fest, dass der vermeint liche Eindringling auch eine unver schlossene Tür eingetreten hatte. Zudem waren die Automaten bei ihrer Plünderung um 2200 Euro kaum beschädigt worden. Alarm wurde nicht ausgelöst. Fortan ermittelten die Beamten zum Verdacht einer vorgetäuschten Straftat. Ihre Untersuchungen fokussierten sich bald auf Sabrina S. (Name geändert). Sie hatte zum Zeitpunkt des mutmaßlichen Vorfalls Spätschicht im Casino. Ihr wurde nun auch der Diebstahl von 7000 Euro aus den Wechselkassen angelastet.

Inzwischen hat die Spielothek mangels Interesses der Werderaner dicht gemacht. Der russische Betreiber ist unauffindbar. Das Gericht lud ihn zur Verhandlung gegen seine ehemalige Beschäftigte dennoch unter seiner alten Adresse als Zeuge. Vergeblich. Sabrina S. bestritt während des Prozesses, sich an fremdem Geld vergriffen zu haben. Sie erzählte, eine Gruppe unbekannter junger Leute mit Ruck säcken habe am Abend des 9. März im Center Billard gespielt. Gegen ein „Handgeld“ habe sie sich bereit erklärt, statt um 22 Uhr erst um 23 Uhr Feierabend zu machen. Da an den Automaten niemand zugange gewesen sei, habe sie während dessen die Toilette geputzt, den Geschirrspüler eingeräumt und den Müll herunter getragen. Kurz vor 23 Uhr seien die Billardspieler gegangen. Unmittelbar danach habe sie sich – wie vorgeschrieben – per Kennwort beim Sicherheitsdienst abgemeldet, das Casino danach verlassen, selbstverständlich, nachdem sie es ordnungsgemäß verschlossen hatte.

Die Schilderung der Angeklagten stieß beim Richter auf Unverständnis. Fassungslos fragte er, wieso Sabrina S. Unbekannte ohne Aufsicht in der Spielhalle gelassen habe. Aus den Akten geht hervor, dass an jenem Abend ein defekter Geldwechsler als „toter Briefkasten“ für mehrere Schlüssel diente, die „der Chef“ und sein Kompagnon sonst immer am Mann trugen. Als der Vorsitzende nachhakte weshalb die Frau die Schlüssel nicht an sich nahm, als sie den Raum verließ, parierte sie, die würden sie nichts angehen. Das hätten ihr die Arbeitgeber immer wieder zu verstehen gegeben. Im übrigen hätten die Jungs am Billardtisch nicht kriminell ausgesehen.

Aus den Gerichtsakten geht ebenfalls hervor, dass Sabrina S. exakt um 23.16 Uhr beim Sicherheitsdienst auscheckte. Bereits um 23 Uhr wurde der letzte Spielautomat geöffnet, wie dessen selbstständige Registrierung ausweist. Der Richter konstatierte, es kämen ziemlich viele Merkwürdigkeiten zusammen. Aus seiner Sicht hätte die Angeklagte mindestens eine Stunde Zeit gehabt, die Automaten zu entleeren und Spuren zu legen, die auf einen anderen als Täter hindeuten würden. Aus Kostengründen lud er er allerdings so wenige Zeugen wie möglich.

Da die Angeklagte die Tat bestreitet und alles auch ganz anders gewesen sein kann, entschied der Vorsitzende, jetzt auch Beamte des Bundeskriminalamtes zu hören, die die Ermittlungen führten und Spuren sicherten. Unbedingt soll auch der Ex-Betreiber der Spielhalle gehört werden, der kein Interesse an der Aufklärung des vermeintlichen Einbruchs zu haben scheint. So wird der Prozess im kommenden Jahr neu aufgerollt.Gabriele Hohenstein

Gabriele Hohenstein

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