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KulTOUR: Landarbeiterhaus in Kleinmachnow: Babels Turm und Signers Koffer

Die Filmreihe „art in movie“, Gemälde und Holzskulpturen im Landarbeiterhaus Z 200

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Kleinmachnow – Ein Mann schläft und schnarcht in einem Zelt auf Islands Lava-Hochplateau. Zwei Lautsprecher draußen verstärken das monotone Geräusch bis zur Erheblichkeit. Die Landschaft selbst schnarcht und ratzt, und wartet auf den nächsten Tag. Nicht weniger witzig, wie der Schweizer Künstler Roman Signer sich zur „Wasserhose“ macht, indem er den Wasserstrahl einer hochgelegenen Tonne in eine Fischerhose lenkt, die er angezogen hat. Oder das Ding mit den Luftheulern an seinen Schuhen, er zündet das Feuerwerkszeug und stampft in einer leeren Fabrikhalle los, wie ein Heros aus vorsintflutlicher Zeit. Das zischt und knallt, das raucht, der Mann wird zum Funkensprüher.

Irre, was sich dieser Typ so alles einfallen lässt. Sogar ein Trabi-Begräbnis ist in Peter Liechtis abendfüllendem Film „Signers Koffer“ (1995) enthalten. Zu sehen kürzlich in Kleinmachnows Landarbeiterhaus, wo der Kunstverein „Die Brücke“ seit vergangenem Jahr eine Filmreihe von, mit und über Künstler etabliert hat.

Die mehr oder weniger kunsthaltigen Spielereien im Film des 1938 geborenen Pyro-Pioniers Peter Liechti stellen ganz unerhebliche Fragen: Nach Wert und Vergänglichkeit von Kunst, nach Normalität und Abstrusität, nach Sinn und Unsinn, letztlich natürlich nach der geistigen Verfassung des Künstlers. Da wird jeder seine Antwort suchen. Schön jedenfalls, dass es die Reihe „art in movie“ gibt, Signers Koffer inklusive. Im April geht es dann mit Tarkowskis „Andrej Rubljow“ samt Soljanka weiter, aber das wird ein ganz anderes Künstlerporträt, als Signers Kind im Manne.

Natürlich hat auch die aktuelle Ausstellung „Strenge mit einem kleinen Augenzwinkern“ im Landarbeiterhaus zur stressfreien Atmosphäre dieses nichtkommerziellen Filmabends beigetragen. Der 1947 in Zeitz geborene Manfred Zoller ist mit Gemälden, Guachen und Collagen vertreten. Er verwendet kaum reine, erst recht keine strahlenden Farben, das Figürliche erscheint bei ihm meist im Umriss. Vieles wirkt wie kraftlos. So entsteht ein düsterer und wenig lebhafter Eindruck von diesem Oeuvre. Und von einem womöglich allzu stillen Künstlerleben.

Das Werk des gut zwanzig Jahre jüngeren Holzbildhauers Klaus Hack möchte man einigen seiner Kollegen hier vor Ort empfehlen, denn manchmal hat man den Eindruck, als fiele denen im Speckgürtel gar nichts mehr ein. Der jetzt in Brandenburg lebende Künstler nämlich hat Fantasie, Temperament und eine archaische Ausdruckskraft, die sofort und durchweg überzeugt. Das Holz, so war zu hören, sei ihm egal, dafür arbeitet er stets aus einem Block, kein Kleben, keine Montage also. Toll, was daraus entsteht: Das Urvieh eines Steinbocks zum Beispiel, das Mädchen mit langen Zöpfen, wie Gretel im Wald. Eine in sich verschränkte Tänzerin. Das Geheimnis eines Orakels. Die Krone indes gebührt seinen turmähnlichen Gebilden, denn an ihnen sieht man, wie sich Handwerk und Geist aus der uralten Schnitzkunst ziehen lassen: Eine zwei Meter hohe Türmung aus den Häusern einer Stadt, fein im Detail gearbeitet. Mehr noch: der Turm zu Babylon in seiner windschönen Schiefe. Hier greift der Geist des Besuchers sofort zu, man atmet Hacks Kunst regelrecht. 

Die Ausstellung im Landarbeiterhaus, Zehlendorfer Damm 200 ist noch bis zum 21. Februar zu sehen.

Gerold Paul

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